"Die Gleichheit in der Kirche muss durchgesetzt werden"

17. Nov 2007

Abt Josef Hehenberger sprach in St. Gabriel zum Thema "Kirche an der Basis" von seiner Erfahrung in Brasilien. Soziale Gerechtigkeit, Entwicklungsprojekte, integrale Gesundheit, der Einsatz für Straßenkinder und das Leben der Zisterzienser von Jequitibá standen dabei im Zentrum.

Abt und seine brasilianischen Mitarbeiterinnen Cristina und Cléia berichteten über ihre kirchliche Arbeit im brasilianischen Bundesstaat Bahia und beeindruckten ihre 140 Zuhörer in St. Gabriel durch ihre Ehrlichkeit, Glaubensperspektive und Bodenständigkeit.

Der Zisterzienserabt Josef Hehenberger hält sich zur Zeit in Österreich auf, weil er am 30. November in Klagenfurt den Erzbischof-Romero-Menschenrechtspreis der Katholischen Männerbewegung Österreichs entgegennehmen wird.

Der Vortrag brachte eine Mischung aus theologischer Perspektive über die Kirchenentwicklung der letzten 40 Jahre mit pastoralen und sozialen Perspektiven, wie sie in der Befreiungstheologie üblich ist. Dazu stimmten die Vortragenden auch einige Lieder ihrer Gemeinden an und zeigten kurze Filmabschnitte und Bilder von ihrer Arbeit.

In seinem Vortrag ging Abt José Hehenberger vom Zweiten Vatikanischen Konzil aus, das die Kirche als Gemeinschaft in Kollegialität beschrieb. Dieses Kirchenbild "in Gleichheit muss noch durchgesetzt werden, von den Bischöfen bis in die Pfarren", betonte Abt Hehenberger eingangs. Von diesem Kirchenbild des Konzils zeichnete er die Entwicklung der lateinamerikanischen Kirche in großen Zügen nach: Die Bischofsversammlung von Medellin (1968) beschäftigte sich besonders mit der Frage der Armut und forderte von der Kirche Bekehrung und Hinwendung zur Realität Lateinamerikas. In der Bischofsversammlung von Puebla (1979) wurde diese Option für die Armen bestätigt und die Betonung auf die kleinen christlichen Gemeinden gelegt, in denen die Kirche als Gemeinschaft gelebt wird. "Die Christen in diesen Gemeinden sehen die Not in ihrer Umgebung und werden aktiv, von ihrem Glauben motiviert, um die Gesellschaft zu verändern", erklärte Abt Hehenberger die Arbeitsweise der Basisgemeinden.

In der Bischofsversammlung von Santo Domingo (1992) wurden die Laien in den Mittelpunkt gestellt. Abt Hehenberger zitierte dazu die Arbeit und den Einsatz von Erzbischof Luciano Mendes bei dieser Konferenz: "Die Laien haben das Priestertum seit ihrer Taufe, das muss respektiert werden", lautete die Forderung damals.

Heuer fand in Aparecida die 5. Vollversammlung des Episkopats statt. Auf dieser Konferenz wurde der Missionscharakter der Kirche betont. "Die Hauptaufgabe der Kirche ist die Mission, das hat uns auch der Papst bestätigt. Es geht um den Aufbruch, die Kirche muss die Probleme der Menschen sehen", erklärte Abt Hehenberger die Perspektive von Aparecida. "Die Bewahrung der Kirche, das Konservieren und Sichern kommt nachher und ist vielleicht gar nicht mehr wichtig. Jetzt geht es um das Hinausgehen zu den Armen. Dort wo die Armen sind, dort muss die Kirche ihre Antwort geben", interpretierte Abt Hehenberger die Herausforderung an die Christen.

Mit dieser Herausforderung an die Kirche war auch die Brücke zu Österreich hergestellt, wo sich die Kirche auch um die Basis kümmern muss, um die Menschen, die in Not sind und Antworten suchen.

Am Samstag stand Abt Hehenberger in St. Gabriel zur Verfügung, um dieser Frage nach der "Kirche an der Basis" in Österreich in zwei Arbeitskreisen und Workshops nachzugehen. Die Teilnehmer an diesen Arbeitskreisen begrüßten den hoffnungsgeladenen Zugang zu schwierigen sozialen Themen. Besonders wichtig war auch das Zeugnis, dass Gott in den Armen und sozial Ausgeschlossenen am ehesten und deutlichsten erfahrbar ist. Abt Hehenberger bestätigte, dass die Zusammenarbeit und Vernetzung wichtig ist, um dem Fanatismus zu entkommen. Er verwies erneut darauf, dass die Menschenrechte die Grundlage für die Pastoral und die Beziehungen unter den Menschen sind. Das Ziel ist eine Umgestaltung der Gesellschaft, weg vom jetzt vorherrschenden neoliberalen System des Kapitalismus, zu einem sozialen und menschlichen Zusammenleben, das allen Menschen ihre Lebensmöglichkeiten ermöglicht.

Diese Leitgedanken klangen in der Eucharistiefeier am Sonntag in der Kirche und Krypta in St. Gabriel nach. Dabei wurde die Gesellschaft als Netz dargestellt. Darin sind einerseits die Armen gefangen und niedergedrückt. Aber gerade die Vernetzung ermöglicht es den Armen und Befreiten auch, sich gegenseitig zu helfen und schließlich das Wort Gottes in diesem Netz aufzufangen.

P. Christian Tauchner SVD