Begegnung wagen

31. Okt 2007

Deutschland/ Moldawien - In der Osterwoche 2007 besuchten fünf Mitglieder vom Freundeskreis Moldova aus der Pfarrgemeinde St. Clemens in Nettetal-Kaldenkirchen die Partnergemeinde Herz-Jesu in Stauceni. Dort - in der Nähe der Hauptstadt - sind die Steyler in der Pfarr- und Sozial-Arbeit tätig.

P. Klaus Kniffki SVD Pfarrer in Stauceni

"Was mir in diesem Land auffällt, und mir auch selbst sehr zu schaffen macht, ist, dass sehr viele Menschen von einem tiefen Pessimismus befallen sind. Die Hoffnungsschimmer in ihrem Leben sind rar. Das kommt, weil die täglichen Dinge des Lebens nicht leistbar sind. Diese ständige Sorge 'Wie bezahle ich meinen Strom, die Heizung, das Wasser?'. Wer einen kleinen Fleck Erde hat, nützt jede freie Stelle zum Erdäpfel- und Gemüseanbau." So schildert P. Klaus Kniffki SVD die Lage.

Von hier kommt nun eine gute Nachricht. In der Gemeinde Stauceni wurde ein schmuckes Heim für Obdachlose errichtet. Das Haus "Stephanus": Ein Dach für Menschen ohne Obdach. Jetzt erste Adresse für Menschen, die auf der Straße leben - für Männer und Frauen ohne Arbeit und ohne familiäre Bindung, vom Schicksal hart gebeutelt.

Die Caritas der Erzdiözese Wien hat dieses Haus 2006 gebaut: einladend und funktional bietet es maximal 18 Personen eine Unterkunft für die Nacht. Hier kümmert sich liebevoll und mit großem Engagement Frau Larisa Montoc als Leiterin um ihre Schützlinge.

Obdachlose Menschen, die im Haus "Stephanus" eine Unterkunft gefunden haben.

Das Projekt Haus "Stephanus"  hat eine Pilot-Funktion. Neben der materiellen Hilfe, geht es darum, die Menschen im sozialen Bereich zusammenzubringen. Menschen, die aus ihren Häusern gejagt wurden, erhalten eine neue Wohnmöglichkeit, werden zugleich sozial aufgefangen und psychologisch unterstützt und betreut. Man gewinnt rasch den Eindruck, alle Obdachlosen fühlen sich hier sehr wohl und angenommen.

Im Aufenthaltsraum erzählen sie uns von ihrem Leben

  • manche waren im Gefängnis und möchten wieder neu Fuß fassen
  • andere haben keine Familie mehr und sind arbeitslos
  • einige haben ihr Zuhause durch Brand verloren 
  • andere durch Krankheit

Keine Behörde hilft ihnen. Viele von ihnen sind krank. Aber ohne Krankenversicherung - und das sind die meisten - haben sie auch bei den Ärzten schlechte Karten.

Jeden Morgen - nach dem Frühstück um 9.00 Uhr - müssen alle das Haus verlassen. Gegen 17.00 Uhr öffnet es wieder seine Türen und bietet dann auch ein kostenloses Nachtessen an.

 

Neue Wege in der Sozialarbeit 

Mit der Krankenschwester Lydia fahren wir nach dem Frühstück in die umliegenden Dörfer und besuchen alte und kranke Menschen, die von der Sozialstation in Stauceni regelmäßig betreut werden. Abseits der Straße und oft mitten im Feld fristen die Armen ein trostloses Dasein.

Wir besuchen eine blinde Frau. Sie freut sich über jeden Besuch. An ihrem Krankenlager heißt sie auch unsere kleine Gruppe aus Kaldenkirchen herzlich willkommen.

In einem anderen Haus besuchen wir eine Zuckerkranke.  Ein schmaler "Schlauch" mit einem kleinen Fenster ist ihr ganzes Zuhause - bei Tag und bei Nacht. Für ein paar Schritte reicht noch ihre Kraft. Und so geht diese alte Frau mit uns bis zum Haus-Eingang. Dankbar für unseren Besuch unterdrückt sie ihre Tränen und sagt "Auf Wiedersehen" der Schwester Lydia und auch uns.  

Wir besuchen als nächsten einen schwerkranken Mann. Er liegt schon lange und hat Schmerzen, denn sein Rücken ist durchgelegen und muss täglich versorgt werden. Eine langwierige "Geschichte", die viel Geduld verlangt: von ihm und von seiner mitleidenden Frau.

Schwester Lydia führt uns zu einem alten Ehepaar. In dieser "Hütte" ist alles trostlos: die Wände unverputzt, die Fensteröffnung ohne Glas nur mit Plastik-Folie verhangen, die Kochstelle primitiv und die beiden Schlaf-Nischen für das ergraute Paar karg und unbequem. - Aber letzten Winter erhielten sie Hilfe durch die Kirche: in neues Dach aus Wellblech. Jetzt schaden Wind und Regen nicht mehr. Doch Hunger und die Unwirtlichkeit des Raumes sind geblieben.

Wir alle sind geschockt von der Begegnung mit diesen Menschen, die bettelarm, oft schwerkrank und beengt in armseligen Hütten leben.

Tief beeindruckt und voller Hochachtung sind wir von Schwester Lydia: Mit welcher Einstellung sie den Armen und Kranken begegnet und ihre Hilfe anbietet. Von Zeit zu Zeit holt sie diese Menschen nach Stauceni ins Sozial-Zentrum. Dort werden sie dann gebadet, ihre Kleidung gewaschen, teilweise oder ganz erneuert, und auch medizinisch versorgt - unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit. 


Die alte Kirche in Orhei, kurz nach 1900 erbaut

Aufbau-Stimmung in Orhei   Diese stark zerstörte Kirche in Orhei haben wir auch besucht. Vor 2 ½ Jahren noch ein trostloser Anblick - aber seit Jahresanfang herrscht hier Aufbau-Stimmung: Das Dach der Kirche ist frisch eingedeckt, die beiden Türme sind aufgemauert und warten auf ihre Helme, die neuen Fenster sind einsetzt und der Fußboden ist fertig in Beton gegossen. Jetzt kann der Innen-Ausbau zügig voranschreiten.

Im kommenden Jahr, am 15. August, soll die Kirche eingeweiht werden und den Namen "Maria Himmelfahrt" tragen.


Not-wendende Hilfe  

Ihre Mutter starb an Tuberkulose. Alle vier Kinder benötigen dringend eine Kur und eine eigene Therapie, besonders der kleine Junge, der sehr zurückgeblieben ist.   

Dank Gelder aus der Pfarrgemeinde St. Clemens, Kaldenkirchen, erhalten diese Kinder jetzt die Möglichkeit, ihre Gesundheit zu stabilisieren, um wieder fit für Schule und Beruf zu werden.   

"Wir konnten uns vor Ort überzeugen, dass die Spenden aus Kaldenkirchen für "Menschen in Not" und in sinnvolle Projekte eingesetzt werden. Das ermutigt uns vom Moldova-Freundeskreis St. Clemens, unsere Arbeit fortzusetzen und die persönlichen und freundschaftlichen Kontakte zu einzelnen Menschen in Stauceni weiter zu pflegen." - so das Facit des Freundeskreises Moldova aus der Partnergemeinde St. Clemens in Nettetal-Kaldenkirchen.

Hubert Nagelsdiek SVD