Christwerden in einer multireligiösen Gesellschaft

28. Aug 2014

Sammelband einer Studienwoche an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Augustin erschienen


Jahrhundertelang war es selbstverständlich in Deutschland: Eltern ließen ihre Neugeborenen taufen. Christlicher Glaube und Gemeindezugehörigkeit wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Doch diese Tradition wird brüchig. Immer weniger Menschen gehören einer Religionsgemeinschaft an, Kinder wachsen in einem säkularisierten Umfeld auf und kommen mit dem Angebot der Kirchen nicht mehr in Berührung. Zugleich wächst die Zahl derer, die als Erwachsene einen Weg zum Glauben suchen. Mit der Frage, wie diese Menschen auf ihrem Weg zum Christwerden begleitet werden können, befasste sich die Studienwoche 2013 der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Augustin (PTH). Jetzt ist unter dem Titel „Christwerden in einer multireligiösen Gesellschaft“ ein Sammelband mit den Impulsvorträgen der Studienwoche erschienen.


„Die Pastoral ist immer noch zu sehr auf den klassischen Weg von der Taufe als Baby über die Kommunion in der Grundschule und die Firmung für Jugendliche ausgerichtet. Aber diese jahrgangsweise Katechese funktioniert immer weniger, es müssen neue Handlungsmuster entwickelt werden“, fordert Bernd Lutz, an der PTH Professor für Pastoraltheologie. Wie diese aussehen könnten, thematisieren Michael Herbst, Christian Hennecke und Claudia Hofrichter in ihren Aufsätzen.


Wenn das Hereinwachsen in die Gemeinde von Kindesbeinen an nicht mehr gewährleistet ist, wird die Frage nach der so genannten Initiation – der Einführung neuer Gemeindemitglieder – wichtiger. Damit setzt sich der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann auseinander. Eine vergleichende Perspektive zwischen Initiationsriten in antiker und moderner Welt sowie in verschiedenen Religionen nimmt Ulrich Berner ein.


Interkultureller und interreligiöser Dialog gehört zu den zentralen Schwerpunkten der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Augustin. Daher sprach Ibrahim Salama vom Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück darüber, wie verschiedene islamische Schulen die Aussagen des Koran über einen Austritt aus der Religionsgemeinschaft interpretieren.


„Die sogenannte Säkularisierung stellt auch die anderen Glaubensgemeinschaften in westlichen Staaten vor Herausforderungen, nicht nur die Christen“, betont Lutz. Er fordert: „Die Kirche muss hierzulande missionarischer werden, indem sie sich auf den Einzelnen einlässt.“ Wer erst als Erwachsener zum Glauben findet, stellt andere Fragen als ein Kind oder ein Jugendlicher. Sich dem zu stellen, bietet auch den Alteingesessenen die Chance zur Reflexion und damit die Möglichkeit, Gemeindeleben vielseitiger und attraktiver zu gestalten.


Patrik C, Höring, Bernd Lutz (Hg.), Christwerden in einer multireligiösen Gesellschaft. Initiation – Katchumenat – Gemeinde, Grünewald Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-7867-3031-6, 17,99 Euro.

Ina Ullrich