„Der Film fordert zur Auseinandersetzung mit dem Glauben auf“

11. Apr 2014

Meistens positiv, manchmal sehr kritisch, immer emotional sind die Reaktionen auf den Film „Die Gelübde meines Bruders“. Stephanie Weimar begleitete ihren Bruder mit der Kamera auf seinem Weg zum Steyler Ordensmann und erzählt über die Reaktionen.

Stephanie und Gregor Weimar
Stephanie und Gregor Weimar

stadtgottes.de: Sie sind mit Ihrem Film jetzt auf Deutschlandtour und bei vielen Filmfestivals zu Gast. Mit welchen Gefühlen sind Sie in die ersten Filmvorführungen gegangen?
Stephanie Weimar: Ich war unglaublich nervös und aufgeregt. Nach drei Jahren des Arbeitens im zumeist 'stillen Kämmerlein' musste der Film jetzt vor Publikum bestehen. Natürlich war es auch sehr emotional: Eine lange Arbeitsphase kam nun zum Abschluss. Von diesem Moment hatte ich jahrelang geträumt – und jetzt war er plötzlich da. Das war einfach überwältigend. Die Premiere auf dem Dokumentarfilmfestival in Leipzig war etwas ganz besonderes: Das gesamte Team und unsere Familie waren dort. Es war nur sehr schade, dass Gregor nicht dabei sein konnte! (Gregor Weimar lebt und arbeitet in einer Steyler Missionsstation in Taiwan und konnte deswegen nicht anwesend sein, Anm. d. Red.)

 

Was sind die typischen Reaktionen auf den Film? Gibt es überhaupt eine einheitliche Meinung zu dem Film?
Das schönste für mich ist, dass Zuschauer bei dem Publikumsgespräch nach einer Vorstellung immer sehr schnell anfangen, von sich und ihrem oft sehr zwiespältigen Verhältnis zum Glauben und Kirche zu erzählen. Viele Menschen scheinen auf diesem Gebiet viel Ballast mit sich herumzutragen, welcher dann von dem Film aufgewühlt wird. Da scheint der Film wirklich einen Nerv zu treffen. Es freut mich jedes Mal sehr, wie emotional das Publikum reagiert.
Ich bin immer wieder positiv überrascht wie unterschiedlich einige Szenen im Film interpretiert werden – von verschiedenen Zuschauern mit verschiedenen Beziehungen zu Glaube und Kirche. Ein Zuschauer reagiert sehr zustimmend auf eine Szene, während ein anderer die gleiche Sequenz komplett gegensätzlich empfindet. Das schafft oft sehr hitzige Diskussionen nach einer Vorstellung.
Für mich zeigt das auch, wie groß der Bedarf an Diskussion und Auseinandersetzung mit Glauben und Kirche wirklich ist. Viele Menschen scheinen noch keine Antwort darauf gefunden zu haben, wie sie Glauben oder Spiritualität leben wollen und tragen viele negativen Erfahrungen zum Beispiel aus ihrer Kindheit mit der katholischen Kirche mit sich herum.
Für mich unterstreicht das auch, wie viele Menschen mit der Haltung der katholische Kirche zum Beispiel zum Thema Homosexualität zu kämpfen haben und wie dringend es ist, dass sich die Haltung der Kirche ändert.

 

Sind Sie überrascht, wie viele positive Rückmeldungen es gerade aus der katholischen Presse für Ihren Film gibt?
Ja, am Anfang war ich schon überrascht. Das hatte ich so nicht erwartet. Ich freue mich natürlich unglaublich darüber. Da bin ich so kirchenkritisch und dann sind einige kirchliche Organisationen und Katholiken unsere größten Fans! Das war vielleicht naiv, aber ich war schon überrascht, wie viele kircheninterne Menschen eben auch kritisch gegenüber der Institution sind. Ich genieße den Austausch, der bisher stattgefunden hat wirklich sehr und habe große Freude an der Auseinandersetzung. Für mich trägt das natürlich auch dazu bei, mein altes schwarz-weiß Bild der Kirche, was ja schon während der Dreharbeiten gründlich durchgerüttelt worden ist, noch weiter zu revidieren.

Der Film „Die Gelübde meines Bruders“ läuft im Moment auf Festivals und in kommunalen Kinos in Deutschland. Der nächste Termin ist der 13. Mai auf dem Dok-Fest in München. Die Vorstellung findet mit Kollaboration der Katholischen Akademie in Bayern statt. Stephanie Weimar wird selbst anwesend sein. Für mehr Information, DVDs oder wenn jemand eine Filmvorführung organisieren möchte, wenden Sie sich bitte an den Produzenten Viktor Apfelbacher vktrpflbchrflrnflmd oder direkt an Stephanie Weimar stphnwmrgmlcm.

Steffi Mager