Ausbildung zur Dialogfähigkeit

06. Sep 2015

Die theologische Abteilung der Fu Jen Universität steht im Zentrum des neuesten Buchs von Pater Karl Josef Rivinius SVD.

In seinem neuesten Buch stellt Pater Rivinius das Collegium Sinicum, eine Bildungsanstalt für chinesische Priester in Peking, vor. Darin beschreibt er die Entstehungsgeschichte der theologischen Abteilung an der Fu Jen Universität in Peking und ihre kurze Zeit des Funktionierens zwischen 1938 und 1948. Über 100 chinesische Priester konnten ihren Studien an diesem Collegium nachgehen.

Pater Rivinius beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Missionsgeschichte Chinas, der ersten und größten Mission der Steyler Missionare.

„Mir ist es wichtig, die Öffentlichkeit dafür zu interessieren, was unsere Mitbrüder geleistet haben, auch wenn sie eine Motivation und Handlungsweise hatten, die wir heute nicht mehr so sehen. Aber das Engagement für Jesus, die Verkündigung, das Interesse am Heil der Menschen, die Förderung der umfassenden menschlichen Entwicklung waren ihnen so wichtig wie uns heute“, erklärt er. „Dieses Beispiel kann uns heute motivieren, auch wenn sich unsere Rahmenbedingungen geändert haben.“

Pater Rivinius beschäftigte sich mit einem ähnlichen Ausbildungsinstitut für chinesische Priester, dem „Collegium Sinicum“ in Neapel (Rivinius, Das Collegium Sinicum zu Neapel und seine Umwandlung in ein Orientalisches Institut. Ein Beitrag zu seiner Geschichte, Collectanea Serica, Sankt Augustin: Institut Monumenta Serica, 2004), das sich im 18. und 19. Jahrhundert der Fortbildung chinesischer Priester in Neapel widmete, da im Gefolge des Ritenstreits und der kolonialen Machtpolitik das Wirken der Kirche in China schwierig war.

Rom erkannte immer mehr, dass infolge der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungsprozesse in China, mit den Boxeraufständen und schließlich 1912 der Ausrufung der Republik es auch kirchlicherseits neue Positionen brauchte. „Daher wurde die Errichtung einer katholischen Universität für China gefördert, um als Kirche und Christentum sprachfähig zu sein und mit den Intellektuellen Chinas im Gespräch stehen zu können. Der Hintergrund war ja der Eindruck, dass die chinesischen Priester schlecht ausgebildet waren, gerade die Pastoral bewältigen konnten, aber für einen gesellschaftlichen Dialog nicht vorbereitet waren“, erläutert Rivinius. Aus diesen Gründen fanden es die (ausländischen) Bischöfe immer schwierig, chinesische Kandidaten für das Bischofsamt vorzuschlagen.

Mit der Missionsenzyklika „Maximum illud“ (1919) reagierte Papst Benedikt XV. darauf. Er verlangte ausdrücklich, dass der europäische Imperialismus und Kolonialismus aufgegeben werden müssen. Was dort allgemein zur Mission gesagt wurde, gilt mit besonderem Blick auf China für die Mission in diesem Land. Der Hintergrund dieser Enzyklika und die (europäische) Geschichte um den Ersten Weltkrieg werden im Buch von Rivinius ausführlich beschrieben.

Die Ausbildung zur Dialog- und Sprachfähigkeit war auch schon Arnold Janssen wichtig. Er hatte sich über die schlechte Ausbildung von Priestern beklagt und verlangt, dass die Steyler Missionare wissenschaftlich ihren Mann stellen konnten. Daher haben die Steyler Missionare 1933 auf Wunsch von Papst Pius XI die Fu Jen Universität übernommen und, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, mit fähigen und gut ausgebildeten Wissenschaftlern betreut.

Die theologische Abteilung dieser Universität ist das „Collegium Sinicum“, das Rivinius in diesem Buch beschreibt. In der relativ kurzen Geschichte zwischen 1938 bis 1948 konnte dort eine große Zahl von Priestern ausgebildet werden, ehe die neue politische Situation dem Projekt ein Ende bereitete. Zwei der Priester, die dort studierten, leben noch; sie und viele andere litten viel in der Verfolgung nachher.

„Wenn ich noch die Kraft und Fähigkeit habe, um mich einem weiteren größeren Projekt zu widmen, möchte ich die Geschichte der Fu Jen Universität vorstellen“, ist Pater Rivinius nach wie vor voller Enthusiasmus und voller Projekte.


Christian Tauchner SVD