Von „Hosanna“ bis „Kreuzige ihn!“

30. Mär 2015

Die Karwoche beschließt die Passionszeit: Benjamin Krysmann hat die wichtigste Woche des Kirchenjahres mit dem Steyler Missionar Bruder Gebhard Rahe näher betrachtet.

Bruder Gebhard Rahe
Bruder Gebhard Rahe


Bruder Gebhard, in anderen Sprachen werden das Osterfest und die unmittelbaren Tage davor häufig als „Heilige Woche“ bezeichnet. Warum sprechen wir Deutschen von Kartagen vor Ostern?

Das ist ein traditioneller Begriff, der sich eingebürgert hat. Die Vorsilbe „Kar“ stammt vom althochdeutschen Wort „chara“ oder „kara“. Sie bedeutet Trauer, Kummer, Wehklage. Die in Deutschland übliche Bezeichnung hebt also hervor, dass wir in dieser Zeit vor allem das Leiden Jesu und die Trauer und Klage seiner Jünger und Jesu in den Blick nehmen.


Zu Beginn der Woche geht es aber alles andere als traurig zu…

Richtig. Am Beginn der Karwoche steht Jubel: Wir erinnern uns, dass Jesus vor dem jüdischen Paschafest auf einem Esel in Jerusalem eingeritten ist – und die Menschen ihre Kleider sowie Palm- und Ölbaumzweige vor ihm ausgebreitet haben. Deshalb beginnt der Gottesdienst mit einer Palmweihe. Weil uns hier in Deutschland keine echten Palmen zur Verfügung stehen, segnen wir Zweige aus Buchsbaum oder Wacholder und stecken sie anschließend als segensbringende Zeichen hinter die Kreuze in unserem Haus. Die Liturgie des Sonntags spiegelt die gesamte Fallhöhe der Karwoche wider, denn die Passion führt vom Jubel über Jesu Einzug nach Jerusalem bis zum „Kreuzige Ihn!“ und zum Tod.


Welcher Moment in der Karwoche bewegt Sie persönlich am meisten?

Die Abendmahlsfeier am Gründonnerstag. Die Vorsilbe „Grün“ könnte auf das althochdeutsche Wort „greinen“ zurückgehen und sich auf die bevorstehende Todesangst Jesu beziehen. Doch vor dieser Todesangst steht das gemeinsame Mahl. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße und gibt sich dann in Fleisch und Blut selbst hin. Er fordert seine Jünger auf, fortan gemeinsam das Abendmahl zu feiern. So gilt der Gründonnerstag als Ursprung aller Eucharistiefeiern.


Die Liturgie am Folgetag beginnt zur Todesstunde Jesu….

In den Hinweisen zur Vorbereitung der Karfreitagsliturgie steht im Messbuch: „Am Nachmittag etwa gegen 15 Uhr findet die Gedächtnisfeier des Herrenleidens statt“. Der Altar ist vollkommen leer, keine Tücher, keine Leuchter, kein Schmuck, kein Kreuz. Die Liturgie sieht zunächst einen Wortgottesdienst vor, in dem die Passion und die Großen Fürbitten vorgetragen werden. Dann wird ein verhülltes Kreuz in den Altarraum gebracht, das in drei Schritten enthüllt und anschließend von den Gemeindemitgliedern mit einer Kniebeuge verehrt wird. Die Liturgie schließt mit einer Kommunionfeier, in der Hostien ausgeteilt werden, die bereits am Gründonnerstag konsekriert worden sind.


Warum wird der Karsamstag auch als „stiller Samstag“ bezeichnet?

Es ist der Tag, an dem die Kirche der Grabesruhe Christi gedenkt – und seine Auferstehung erwartet. Ein Tag ohne Eucharistiefeier, ohne Sakramente, die Altäre der Kirchen sind frei von Kerzen oder Blumen. Der Karsamstag mündet in die Feier der Osternacht, die als Nachtwache bereits zur Liturgie des Ostersonntags gehört. Tatsächlich versammeln sich die meisten Gemeinden aber bereits in den späten Abendstunden des Karsamstags.