2. Adventssonntag (A)

Predigtimpuls

Offene Türen

1. Lesung: Jes 11,1-10
2. Lesung: Röm 15,4-9
Evangelium: Mt 3,1-12

Vorbemerkung:

Ein großer (eventuell imposanter, alter Kirchentürschlüssel) und ein kleiner Schlüssel können vorbereitet vorliegen; es geht natürlich auch ohne. Aber wenn die Augen mitkommunizieren, ist der Mensch mehr beteiligt! Die Symbole „Schlüssel“ und „Tür“ oder „Tor“ passen nicht nur besonders in den Advent (siehe die Texte der Adventslieder), sondern ins ganze Kirchenjahr: Die russischen Ikonenbilder um den auferstandenen Christus zeigen unseren Herrn, wie er die Pforten der Unterwelt so massiv aufbricht, dass Bretter, Schlösser und Scharniere herumfliegen. Und Pfingsten ist das „Fest der offenen Türen“, denn wären sie verschlossen geblieben, wäre die Kirche nicht „geboren“ worden.

 

Schlüssel sind wichtig

Viele können jetzt schon sagen, auch dieses Jahr werde ich keine Weihnachtsfreude haben, weil ich gar nicht weiß, wie ich noch alles schaffen soll. Darum habe ich diesen Schlüssel (L. zeigt den großen Schlüssel) mitgebracht. Er soll uns helfen auf dem Weg zur Weihnachtsfreude.

Schon die Kinder wissen, wie wichtig Schlüssel sind, und sie bekommen ihn zur Sicherheit um den Hals gehängt. Sollte er dann trotzdem verlorengehen, kann man die Eltern verstehen, die in Wut geraten. Denn es kostet ja unter Umständen Hunderte Euros, alle Schlösser auszutauschen. Ebenso kann die Suche nach einem verlorenen Schlüssel lange dauern. Übel ist es auch, wenn der Schlüssel im Schloss abbricht. Da hilft kein Zweitschlüssel, auch keine Kerze vor dem Bild des hl. Antonius, da muss der Schlüsseldienst kommen!

Es ist erstaunlich, wo heutzutage so viele Schlüssel in den Beziehungen zwischen Menschen abbrechen, dass der „Schlüsseldienst Kirche“, der noch gleich um die Ecke ist, nicht mehr in Anspruch genommen wird. Trauen die Menschen uns, denn wir sind auch Kirche, nicht mehr so viel zu?

 

Gottes Türen sind nur angelehnt

Jetzt darf ich allen ein Geheimnis anvertrauen: Für die wichtigsten Türen – das sind die, die zu Gott führen - brauchen wir keine Schlüssel. Denn Gottes Türen sind nur angelehnt! Die einzige Leistung, die wir bringen müssen, ist: sie aufzustoßen.

Mit den Worten, die Johannes der Täufer eben den Menschen zugerufen hat, sind zu allen Zeiten Menschen eingeschüchtert und „kleiner gemacht“ worden. Hören wir sie noch einmal (drohend und laut sprechen): Jeder Baum - jeder Mensch – der keine guten Früchte bringt, wird mit der Axt umgehauen und ins Feuer geworfen! Und die Spreu - alle unter uns, die zu leicht befunden werden - soll im ewigen Feuer verbrennen!

Jesus hat uns eine barmherzigere Botschaft gebracht. Wir erinnern uns: Der verlorene Sohn, der schließlich zwischen den Schweinen gelandet ist, braucht nichts wunders was zu leisten, nein, er muss sich nur aufmachen, um zum Vater zurückzugehen.

Und dieser Vater läuft ihm sogar entgegen und nimmt ihn freudestrahlend in die Arme -, dann erst stammelt der Sohn seine Beichte. Beachten wir die Reihenfolge! So einer ist mein Vater, sagt Jesus (Lk 15).

 

Auf Herzenstüren passen nur ganz kleine Schlüssel

Warum habe ich denn den Schlüssel mitgebracht, wenn ich keinen für die entscheidenden Türen im Leben brauche? (L. zeigt den kleinen Schlüssel) Könnt ihr diesen kleinen Schlüssel erkennen? Am liebsten würde ich den großen einschmelzen lassen, um ganz viele kleine Schlüssel daraus zu bekommen. Denn die brauche ich, um die Herzen der Menschen aufzuschließen. Was sind wir doch für arme Wohlstandskinder! Wir hetzen uns in diesen Tagen mit dem großen Schlüssel „Geldbörse“ ab und sind zu Weihnachten mit den Nerven fertig, wenn wir alle Geschenke beisammen und die vielen Vorbereitungen getroffen haben. Aber wie viel Gramm Liebe produzieren wir mit all der Hektik?

(In dem Buch „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende heißt das dritte und letzte Tor „Ohne-Schlüssel-Tor“. Dessen unzerstörbares Material reagiert nur auf den Willen: Je mehr einer haben will, umso fester schließt die Tür.)

Wir brauchen aber die feinen kleinen Schlüsselchen, um die Türen zu den Herzen aufzuschließen. Und wenn wir wissen, dass die Türen Gottes aufstehen, dann kann uns das doch Mut geben, mit viel mehr Fingerspitzengefühl die Herzen derer aufzuschließen, die ganz nahe um uns sind. Dann hat die Freude über Weihnachten eine Chance, unsere Herzen zu erfüllen.

(Wenn der Kirchenschlüssel imposant ist, darf er jetzt ruhig mal durch die Reihen gegeben werden.)

Pfr. Willi Hoffsümmer