Hl. Franz Xaver (G)

Predigtimpuls

Christliche Frohbotschaft der Befreiung – vor 550 Jahren und heute

Lesung: Jes 2,1-5
Evangelium: Mt 8,5-11

 

Seinen Höhepunkt erreichte die zehnjährige asiatische Missionstätigkeit des Basken Franz Xaver zweifellos kurz vor seinem frühen Tod als 46-Jähriger. Vorauf gingen Massenbekehrungen in Indien, Malaysia und den Molukken; dem letzten Jahr war der Stempel des Misslingens der Annäherung an China aufgedrückt. In den zwei Japanjahren 1549 bis 1551, konnte Padre Francisco mit Genugtuung feststellen, dass seine hohe Bildung, die er sich während vieler Jahre in Paris angeeignet hatte, eine angemessene und notwendige Grundbedingung war, um das Evangelium wirkungsvoll zu verkünden. Vor seinem Aufbruch nach Japan schrieb der Provinzial der asiatischen Jesuitenprovinz stolz nach Hause: „Wir haben keine Bedenken, es mit den japanischen Gelehrten aufzunehmen. Denn wie kann sich einer gebildet nennen, wenn er nicht Jesus Christus kennt und Gott.“

 

Eintritt in den gedanklichen Dialog von Anfang an

Kaum dass Franz Xaver mit zwei Konfratres und dem getauften Japaner Nanjiro in der südlichsten Hafenstadt Kagoshima an Land gegangen war und Nanjiro zu seinen Eltern zurückgebracht hatte, übersetzte er mit dessen Hilfe die christlichen Grundwahrheiten in Form eines Kurzkatechismus ins Japanische. Geschrieben und gedruckt wurden diese Texte aber in europäischen Buchstaben. So konnte, nachdem erst acht Jahre vorher Japan von portugiesischen Kaufleuten entdeckt worden war, eine erste geistige Kontaktaufnahme beginnen. Xaverius hatte in Südasien zwar Hunderttausende taufen können; die Hunderte, die sich aber hier in Kagoshima, dann in Hirado und Yamagutschi überzeugen und taufen ließen, waren ihm ebenso teuer und galten ihm als ein viel bedeutenderer Sieg des Reiches Christi. Täglich predigte er auf offener Straße, gestützt auf seinen japanischen Kurzkatechismus und gedolmetscht von seinem treuen Nanjiro, der sich in Goa eine gute christliche Erziehung hatte geben lassen.

 

Die Japaner reagieren auf Vernunftgründe

Franz Xaver machte eine überraschende Entdeckung: Japaner reagieren auf Vernunftargumente viel mehr als auf äußerlich Beeindruckendes wie die Südasiaten. „Sie nehmen uns deshalb unsere Lehre ab, weil sie den Gesetzen der Vernunft weit angemessener sind als die Lehren der Tempelpriester. Es machte auf sie einen großen Eindruck, dass wir auf alle Fragen der Bonzen klare und überzeugende Antworten geben konnten, während die Bonzen oft unfähig waren, uns über die Lehren ihrer Religion Auskunft zu geben“, berichtete er später.

 

Die Hits der christlichen Lehre

Besonders beeindruckt waren die japanischen Hörer vom ersten Satz des Credo: „Ich glaube an den einen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Das Wunder der Existenz dieses Glaubens hatte ja schon der jüdischen Religion im römischen Kaiserreich eine ungeheuere Überlegenheit gegeben. Franz Xaver predigte: „Es gibt einen einzigen Ursprung aller Dinge, der guten sowohl wie der bösen. Dieser eine Schöpfergott aber ist nur gut, ohne jeden Schatten des Bösen.“ Die unsichtbar herrschenden Wesen, acht Millionen im Shintoismus, auf deren Versöhnung der schwache Mensch also immer bedacht sein muss in seinen Schicksalen, lösen sich auf, und das eine Menschenherz steht einem Gott und Herrn gegenüber. Und nichts auf der weiten Erde gibt es, das dessen väterliches Wirken aus den Angeln heben könnte.

 

Gottes Nähe im Gewissen

Die zweite befreiende Kunde für die in zahllose Denominationen und Schulen geteilten Buddhisten, Konfutsianer und Shintoisten bestand in der Hinführung zur Offenbarung des einen Gottes in der Brust eines jeden Menschen, in seinem Gewissen. In seinen Briefen schildert der Heilige die heilsame Wirkung dieser unleugbaren Tatsache, die aus der angsterfüllten seelischen Abhängigkeit von Religionsdienern befreien konnte.
„Das Gute zu tun und das Böse zu meiden, ist im Herzen des Menschen eingeschrieben. Darum kann der Mensch die Gebote Gottes aus sich selbst erkennen, ohne dass ein anderer Mensch (oft aus unlauteren Motiven heraus) sie darin unterweisen müsste, ausgenommen der Schöpfer aller Welten allein. Denn wer sollte den Menschen über Gut und Böse besser belehrt haben, als der eine Gott, der ihn geschaffen hat? Und diese Erklärung macht diese guten Menschen glücklich“ – so kommentiert der Briefschreiber.

 

Der Mensch gewordene, leidende Gottessohn

Über der ganzen japanischen Kultur liegt bis heute eine Grundstimmung der Traurigkeit – vor allem angesichts der Vergänglichkeit von allem und jeglichem, der Bosheit mächtiger Gewalthaber und im täglichen Erleben der eigenen Unreinheit und egoistischen Triebverfallenheit. Rettung und Erlösung war ihnen damals nur angeboten, indem sie Anteil erhielten an den Verdiensten der aszetisch lebenden Mönche und Nonnen. Dass Gott selbst mit ihnen und für sie gelitten und einen schmachvollen Tod auf sich genommen hat, stellte ihnen einen Gott vor Augen, der ihnen eine ungeahnte Nähe und bedingungslose Solidarität anbot. Und dass Missionare eineinhalb Jahre eine gefährliche Seereise wagten, nur aus dem Grund, zu ihnen zu kommen, um ihnen diesen Gott zu bringen - aus keinen anderen Gründen – überzeugte mehr als viele Worte. In einem Volk, in dem heldenhaftes Sterben zu den höchsten Idealen zählte, wurden so die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es Tausenden katholisch gewordener Japaner höchste Lebenserfüllung bedeutete, in der Sache des einen Gottes, wie Christus und mit Christus, ihr Leben hinzugeben, um so in eine Erlösung einzugehen, in der alle Angst verstummt und sich ein wirklicher Himmel öffnet. „Wir waren die Ersten, die ihnen erklären konnten, was der Himmel eigentlich ist, welche Mächte es sind, denen es um ihre ewige Rettung geht und nach welchen Maßstäben ihre Seele gerichtet wird“, schreibt Franz Xaver.

 

Das Besondere von Franz Xavers Briefen aus Japan

In seinen Briefen aus Japan erreicht der Heilige eine Kraft und Innigkeit des Schilderns seelischer Wandlungen und aufwühlender Seelendramen, die an die Briefe des Völkerapostels erinnern. Einerseits fühlt er sich als den am meisten von den Asiaten geliebten Menschen; andererseits erlebt er die sich an ihm vollendende Gnade Gottes, die ihm dieses Geliebtwerden zum demütigen Lobpreis Gottes werden lässt. „Es ist ein großer Unterschied zwischen den Christen, die in einem gesicherten Leben geborgen an Gott glauben, ihm vertrauen und auf ihn hoffen, und denen, die sich ihm aus Liebe zur Verfügung stellen und sich dabei aus völlig freiem Willen den Gefahren des Todes aussetzen, Gefahren, denen sie durchaus ausweichen könnten, weil sie ja in ihrer Entscheidung ganz frei sind, die in allen Gefahren aber ihr Vertrauen und ihre Hoffnung ganz allein auf Gott gründen.“

 

Franz Xaver und wir heute

Die vom Gründer der Japanmission gesäte Saat, die innerhalb der nachfolgenden fünfzig Jahre etwa ein Fünftel der Bevölkerung Japans zu Christus finden ließ, um dann leider für 260 Jahre unterdrückt zu werden, lebt im heutigen Japan viel mehr, als sich in äußerer Kirchenmitgliedschaft ablesen lässt. Der christliche Gottesbegriff lebt heute sowohl im Vielgötter-Shintoismus wie im Gott nicht kennenden Buddhismus. Die Ausrichtung nach dem inneren Gewissenspruch ist für die meisten Gebildeten das erste und höchste Motiv des Handelns. Und die Lehre vom „Schmerz Gottes“ ist zuerst von japanischen Theologen formuliert worden. Möge der Heilige des heutigen Tages auch alle unsere Bemühungen segnen, gegen das Vordringen eines atheistischen Lebensstils, gegen die dämonische Verwirrung aller sittlichen Maßstäbe und gegen das Vergessen der Passion und Verherrlichung des Menschgewordenen und unserer einzigen realen Erlösungsgewissheit anzugehen, in voller Freiheit und tiefer Christusverbundenheit.

 

P. Eugen Rucker SVD