3. Adventssonntag (B)

Predigtimpuls

Dem Herzen lauschen, um neues Leben zu finden

Lesung: Jes 61,1-2a.10-11
Lesung: 1 Thess 5,16-24
Evangelium: Joh 1,6-8.19.28

 

Gehen wir weiter auf unserem Weg der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest.

Die Symbole für den 1. Advent waren das Stopp-Schild und die Lupe: Stopp sagen und Gottes Botschaft groß werden lassen. Für den 2. Advent waren es der Kompass und die Schaufel: Peile mit dem Kompass deine Ziele an und überprüfe die Richtung, in die du gehst. Dann nimm die Schaufel in die Hand und räume die Hindernisse weg, die dir den Weg versperren, fülle die Abgründe auf.

Die Symbole für den 3. Advent sind das Stethoskop und der Spiegel.

 

1. Das Stethoskop. „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich alle heile, deren Herz zerbrochen ist, … damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe, … damit ich alle Trauernden tröste.“ (Jes 61,1-2) Im Advent ist uns die Ankunft eines Gottes verheißen, der uns entgegen kommt, der Mensch wird wie wir, weil er uns liebt. Auf diesem Weg will er uns mit seiner heilenden Kraft und mit seiner helfenden Gnade unter die Arme greifen, damit wir zum vollen Leben kommen. Jesus macht sich den Auftrag aus dem Propheten Jesaja zu eigen. Er will die zerbrochenen Herzen heilen, durch seine Vergebung die Lasten von uns nehmen, die uns hindern in Freude zu leben.

Das Stethoskop kann helfen, genauer hinzuhören. Es verbindet die Ohren mit dem Herzen und wirkt wie ein Verstärker. Hör doch einmal in dich selbst hinein. Lausche auf die Töne, die dein Herz macht. Schlägt es munter und fröhlich oder schlägt es ermüdet und belastet? Wohin geht seine Sehnsucht und Lust? Wann fühlt es sich lebendig an und vibriert? Gibt es verwundete Stellen, die verbunden werden wollen? Du darfst alles wahrnehmen ohne zu urteilen. Spüre einfach hin, was ist. Der uns angekündigt ist, er ist ein Gott mit Herz. Er kann sehr gut einfühlen, wie es dir ums Herz ist und will dir schenken, was deinem Herzen noch fehlt.
Das Herz ist der Ort unseres Sehnens und Fühlens. Es ist ein sehr wichtiges Organ, das den ganzen Körper am Leben erhält, es ist aber auch ein sehr verletzliches. Wenn ich in meinem Bedürfnis nach Angenommen- und Geliebt-Sein enttäuscht werde, so trägt mein Herz schnell Verletzungen davon. Erleide ich viele solcher Verletzungen in meiner Biographie oder auch sehr starke, dann ziehe ich mich mehr und mehr von meinem Herzen zurück, in der Hoffnung, die Schmerzen nicht wieder neu erleiden zu müssen. Das aber führt dahin, dass ich nicht mehr als herzlicher Mensch lebe. Zwar spüre ich die Schmerzen meines leidenden Herzens nicht mehr so, aber ich habe auch immer weniger Herz für andere und für mich.

Der Advent verheißt mit der Ankündigung des Kommens Jesu Trost und Heilung. Dein Herz muss nicht länger im tiefgefrorenen Zustand verharren. Er wird im wärmenden Licht zu dir kommen und dich behutsam versorgen, damit du dich wieder deinem Herzen zuwenden kannst. Er wird dich den Schmerz überwinden lassen, indem er dich hält und stützt. Er verbindet deine Wunden und macht dir Mut neu zu vertrauen.

Die erste Botschaft des 3. Advent ist: Setz das Stethoskop auf und höre deine Herztöne!

 

2. Der Spiegel. „Als die jüdischen Führer von Jerusalem aus Priester und Leviten zu Johannes sandten mit der Frage: Wer bist du? bekannte er: Ich bin nicht der Messias. Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst? Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft.“ (Joh 1,19-23) So sehr die Abgesandten der Religionsführer Johannes den Täufer auch bedrängen, er lässt sich keinen Namen entlocken, der ihn in ein vorgefertigtes Schema einordnen ließe. In Jerusalem werden sie nicht zufrieden sein, weil sie sich nicht auf ihre fertige Theologie zurückziehen können, sondern weil die Botschaft des Johannes zur Herausforderung wird, wenn es stimmt, dass der, den sie erwarten, bereits unerkannt in ihrer Mitte lebt.

Wir alle gehen irgendwann dazu über, unser Gegenüber in ein Schema einzupassen. Dann sind wir aber nicht mehr im wirklichen Kontakt mit ihm, sondern nur noch mit dem Bild, in das wir den anderen eingefangen zu haben glauben. „Sie ist halt so!“, „Das ist wieder typisch für ihn!“. Aussagen, die zeigen, dass ich den anderen in eine Kategorie gesteckt habe, nach der ich sein Verhalten beurteile. Ich schaue den anderen an durch den Spiegel meiner eigenen Erfahrungen und Enttäuschungen, meiner eigenen Erwartungen und Urteile. Es gibt aber immer noch einen ganz anderen Blick auf mein Gegenüber. Heilsam ist es, den anderen einmal neu ganz unvoreingenommen so wahrzunehmen, wie er sich von sich aus zeigt und nicht so, wie ich ihn gerne hätte. Das fordert mich heraus aus meinen Schemata, aber es birgt die Chance auf wirkliche und tiefe Begegnung.
„Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren“ (Joh 1,26-27). Es braucht die Demut eines Johannes, der sich nicht über den anderen stellt, der die Würde des anderen vielmehr mindestens genauso hoch einschätzt wie die eigene. Es braucht das Erstaunen darüber, dass das uns Heilende schon mitten unter uns präsent ist, es muss offensichtlich nur entdeckt und erkannt werden.

Die zweite Botschaft des 3. Advent ist: Wende dich vom Spiegel deiner Erwartungen weg dem wahren Bild deines Gegenübers zu!

 

Dieser Advent gibt uns die Möglichkeit, es neu mit den Menschen zu wagen, weil Gott es mit uns wagt. Der 3. Advent sagt uns: Lass dir von Gott den Mut schenken, einen neuen und herzlichen Blick auf die Menschen um dich zu werfen. Entdecke in den kleinen und großen Zeichen ihrer Zugewandtheit die göttliche Nähe dessen, der dein Herz nähren und heilen will. In der aufmerksamen Begegnung mit den anderen steckt die Möglichkeit, dass dein Herz heil wird. So wirst du die anderen immer weniger durch den Spiegel deiner eigenen Verletzungen hindurch betrachten und immer mehr mit dem Blick eines liebevollen Herzens.

Wer ist der andere? Wer bin ich? Diese Fragen gilt es neu zu stellen. Nicht um zu klassifizieren, sondern um mich interessiert und liebevoll dem Leben in neuer Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das wird möglich in der Kraft eines Herzens, das sich lieben lässt.

 

P. Thomas Heck SVD