4. Adventssonntag (A)

Predigtimpuls

Ein Kind bedeutet Zukunft für uns

1. Lesung: Jes 7,10-14
2. Lesung: Röm 1,1-7
Evangelium: Mt 1,18-24

zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de


Wenn in unseren Familien ein Kind geboren wird, spüren wir, wie wunderbar es ist, wenn ein neuer Mensch beginnt, mit uns zu leben. Vielleicht spüren wir auch, dass das neue Leben eines Menschenkindes ein Geschenk ist.  

Jedes neugeborene Menschenkind ist ein Geschenk an uns, an alle. So kann man sich fragen, was uns denn in ihnen geschenkt ist? Die Antwort: die Zukunft. Dies stimmt schon rein äußerlich: Denn, wenn es auf einen Schlag keine Kinder mehr gäbe, dann hätte die Menschheit keine Zukunft. Aber unsere Antwort hat, wie der verstorbene Bischof von Aachen, Klaus Hemmerle, einmal sagte, „noch eine tiefere Schicht. Unwillkürlich erfahren wir das Kind wie eine Verheißung, wie die Morgenröte einer erhofften besseren Zukunft. Wir richten an ein Kind nicht nur die Frage: Welche Zukunft hast du?, sondern auch die Frage: Welche Zukunft bringst du? Und in der Tat, wie die Zukunft sein wird, was in ihr geschehen und nicht geschehen wird, es hängt ab von denen, die heute Kinder sind. Die Zukunft ist schon geboren in den Kindern, die geboren werden“. 


Solche Gedanken machte sich vielleicht auch Matthäus, als er aus seiner Perspektive die Ereignisse um die Geburt des Jesuskindes niederschrieb. Als er schrieb, war mit Jesus schon alles geschehen. Er blickte zurück auf dessen Leben und Sterben, auf dessen Tod und Auferstehung.  

Die junge Christengemeinde, für die er sein Evangelium schrieb, glaubte schon an den Erlöser und Heiland aller Menschen. Und so hat Matthäus diesen Glauben auch hineingepackt in seinen Bericht von der Geburt des Kindes Jesus. Im Hintergrund dieses Berichtes ist die Frage: Was ist uns mit diesem Kind geschenkt? Und Welche Zukunft hat uns dieses Kind gebracht? schon längst beantwortet. 


Matthäus und seine Christengemeinde waren überzeugt, dass dieses Kind ein wahres Geschenk nicht nur für sie sondern für die ganze Menschheit war. Das Kind von Bethlehem war das Zeichen einer neuen und besseren Welt. In den beiden Namen des Kindes, die Matthäus in seine Geschichte eingeflochten hat, wird deutlich, warum die frühe christliche Gemeinde diese Überzeugung hatte. 

Josef soll das Kind Jeschuah, Jesus, nennen. Dieser Name bedeutet: Jahwe ist Heil, Gott schafft Heil. Jeschua war ein sehr beliebter und darum weit verbreiteter Name. Der Bote Gottes deutet den Namen, um näher zu sagen, wie dieses Kind Gottes Heil schaffen wird: „Er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“ 

Das ist aus der Perspektive des Matthäus das Wichtige an Jesus: Er ist der Erlöser, denn er erlöst sein Volk von den Sünden. Jesu ganzes Leben und Sterben sind der Beweis dafür. Um zu verstehen, was das für die ersten Christen bedeutete, müssen wir beachten, dass für die Juden die Sühnopfer für die Sünden im Tempel stattfanden. Die Versöhnung mit Gott war also an den Tempel in Jerusalem gebunden. Matthäus sagt nun: Mit Jesus ist es mit dieser Art von Versöhnung zu Ende. Es braucht von nun an keinen Tempel mehr, um Gott und Mensch zu versöhnen. Jesus ist der Versöhner. In ihm begegnen Menschen von nun an der Barmherzigkeit und Vergebung Gottes.


Dieses Kind ist darum auch zu Recht ein Emmanuel: Er ist der Gott-mit-uns. Jeder Mensch, der sich an Jesus festmacht, darf in der Vergebung die Güte Gottes erfahren; darf den Gott erfahren, der dem Bösen das Gute entgegenstellt und seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen lässt. Nur die Maßlosigkeit der Vergebung kann in einer Welt, die geprägt ist von der Maßlosigkeit der Rache und Vergeltung, wieder Heil und Ordnung schaffen. Das ist das Geschenk Gottes an unsere Welt: Jesus, Gott mit uns, Erlöser von Sünde und Schuld. 

Jesu Geburt, so Matthäus, war der Beginn einer Hoffnung für die ganze Welt. Denn jeder Mensch, der sich zu Jesus, dem Erlöser, bekennt, weiß sich in seinem Leben und Handeln Jesus verpflichtet. 

Von sich aus wird er zur Versöhnung unter Menschen beitragen und - wie Jesus - dem Bösen das Gute entgegensetzen. So wie für Jesus der Kreuzesbalken keine Grenze seiner Liebe war, wird der Jünger und die Jüngerin Jesu der eigenen Bereitschaft zu vergeben keinerlei Grenzen mehr setzen. 


P. Dr. Bernd Werle SVD