Gründonnerstag – Abendmahlsfeier

Predigtimpuls

„Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

1. Lesung: Ex 12,1-8.11-14
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Kor 11,23-26
Evangelium: Joh 13,1-15
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

„Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ So lautet das Vermächtnis, das Jesus uns beim letzten Abendmahl hinterlassen hat, ehe er sich aufmachte, am Ölberg seinen Leidensweg zu beginnen, am Kreuz zu sterben und siegreich von den Toten zu erstehen. In jeder Eucharistiefeier erfüllen wir seinen Auftrag. Heute Abend tun wir dies in besonderer Weise, da wir uns anschicken, Jesus in diesen heiligen Tagen auf seinem Weg in den Tod und in die Auferstehung zu begleiten. 

Wir erinnern uns an das, was an jenem Abend damals in Jerusalem geschah. Aber wir erinnern uns nicht nur an etwas, das längst vergangen ist. Was damals geschah, wird in unserer Gedächtnisfeier gegenwärtig. 

Das Abendmahl Jesu in Jerusalem und unsere Abendmahlsfeier in München liegen zwar zweitausend Jahre auseinander. Und doch sind sie eins. Um diese Einheit zwischen damals und heute herzustellen, genügt es nicht, dass wir uns zurückerinnern, wie wir uns an vergangene Ereignisse etwa unserer Jugendzeit zurückerinnern. Damit würde das Ereignis von damals nicht gegenwärtig. 

Das bewirkt Gottes Geist. Er verbindet das Damals mit dem Heute. Er bewirkt, dass Jesus in unserer Mitte ist, mit uns feiert und wir seine Tischgenossen sind. Durch ihn wird in unserer Gedächtnisfeier Jesus gegenwärtig und das, was er getan hat. 

Die Feier der Eucharistie ist daher nur möglich, im Heiligen Geist. Er überbrückt die räumliche und zeitliche Distanz und stellt die Einheit zwischen damals und heute her. Was wir jetzt miteinander feiern, tun wir also nicht aus unseren Kräften, so sehr wir mit unserem Tun einbezogen sind. Möglich ist diese Gedächtnisfeier nur, weil sie vom Heiligen Geist getragen und durchweht ist. 

Auf dem Höhepunkt unserer Feiern greift Gottes Geist in besonderer, einzigartiger Weise ein. Er bewirkt mit seiner Kraft, dass Brot zum Leib Christi und Wein zum Blut Christi werden. Darum bitten wir vor den Wandlungsworten den himmlischen Vater: „Heilige unsere Gaben durch deinen Geist, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus, der uns aufgetragen hat, dieses Geheimnis zu feiern.“

Während der Priester die Worte der Wandlung spricht, bewirkt der Heilige Geist, dass unsere Gaben Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden. 

Der Geist Gottes bewirkt aber nicht nur durch das priesterliche Gebet, er wirkt nicht nur an Brot und Wein, er wirkt in uns allen. Der Apostel Paulus schreibt: „Keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet“ (1Kor 12,3). Dieses Wort des Apostels gilt auch für den Ruf, mit dem wir uns nach der Wandlung an den Herrn erinnern, der nun auch in den eucharistischen Gaben unter uns ist. In seinem Brief an die Priester zum Gründonnerstag schrieb Johannes-Paul II.: „Nur durch die Kraft des göttlichen Geistes kann die Kirche unaufhörlich das große Geheimnis des Glaubens bekennen: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Dieser Ruf und unser aller gläubiges Mitfeiern ist vom Geiste Gottes getragen.

Im Hochgebet bitten wir nach der Wandlung de himmlischen Vater noch einmal, dass der Geist Jesu an uns tätig werde: „Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus.“ 

In dieser Bitte geht es darum dass wir durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi mit dem Heiligen Geist erfüllt werden; der aber verbindet uns in Christus so tief miteinander, dass wir zu einem Leib werden, nämlich zum geistdurchwirkten Leib des auferstandenen Herrn. Dies aber ist die Kirche. So wird die Kirche durch die Feier der Eucharistie aufgebaut zur Wohnung Gottes im Geist“ (Eph 2,22). 

Weil der Geist Jesu Liebe ist, darum ist das Kennzeichen derer, die in der Kirche zu Jesus gehören, die Liebe. „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (Joh 13,34f). So sprach der Herr an jenem Abend, an dem er das Altarssakrament eingesetzt hat, zu seinen Jüngern, so spricht er in dieser Stunde zu uns.

Diese Liebe muss wirksam werden. Darum sagte Jesus, nachdem er den Jüngern die Füße gewaschen hatte: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“ (Joh 13,15). Auch dieser Auftrag gehört zum Vermächtnis, das Jesus uns beim Abendmahl hinterlassen hat; es ist das Vermächtnis dienender Liebe. Dazu befähigt uns der Heilige Geist.

Schwestern und Brüder, öffnen wir uns dem Heiligen Geist und lassen wir ihn in uns wirken, damit wir stets würdig das Gedächtnis des Herrn feiern und aus dieser Feier Kraft zu dienender Liebe schöpfen, die das Kennzeichen der Jünger Jesu ist.


Friedrich Kardinal Wetter - [Anmerkung der Redaktion: Die von Kardinal Wetter verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1999/; S. 96f]