Dreifaltigkeitssonntag (H)

Predigtimpuls

Wie von Gott sprechen?

1. Lesung: Dtn 4,32-34.39-40
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 8,14-17
Evangelium: Mt 28,16-20
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Wie von Gott sprechen?

Vom hl. Franz von Assisi wird erzählt, er sei tagelang herumgelaufen und habe immer wieder vor sich hin gesagt: Wer bist du, o Gott? Wer bin ich armseliger Mensch? – In der Tat, wer Gott einmal begegnet ist, wie es unserem Heiligen geschah, der spürt den unendlichen Abstand zwischen Gott und Geschöpf. Franz wurde in seinem ganzen Leben mit dieser Erfahrung nicht fertig. Noch gegen Ende seines Lebens als er schon das böse Augenleiden hatte, versuchte er seine Empfindungen im sogenannten „Sonnengesang“ zum Ausdruck zu bringen. Er sagte: „Höchster, allmächtiger, guter Herr! Dir gebührt jegliches Lob und die Herrlichkeit, Ehre und Segen. Alle müssen sich zu dir bekennen, und niemand ist würdig, deinen Namen auszusprechen.“ – Ähnliche Empfindungen hatten auch die großen Schreiber und Propheten des Alten Testamentes, die vor Gott in die Knie gingen und mit dem Kopf den Boden berührten. Heilig, heilig, heilig bist du Herr, Gott der Scharen! Ganz ähnlich erfahren wir in unserer Liturgie, die vor der Majestät Gottes nur staunen kann und ihm wiederum das Heilig zurufen. Die heilige Theresa von Ávila mühte sich ihr ganzes Leben um die würdige Anrede dessen, den sie in ihren Visionen erfahren durfte. Kein Wort schien ihr angemessener als die „Divina Majestad“ der liturgischen Feier. Dahinter verbirgt sich das Unvermögen, begreifen zu können, wie sich der unendliche Große zu uns herabneigt. In unserer deutschen Spreche reden wir gern vom „lieben Gott“, denn die Liebe ist das Charakteristischste an seinem Wesen, wie uns das Neue Testament bezeugt. Und unsere Nachbarn, die Franzoden, sprechen vom „guten Gott“, der sie so oft geführt und beschützt hat. Er ist ein guter Vater. 


Gott ist Vater 

Jesus hat uns das Vater-sagen zu Gott gelehrt. Wir tun es mit allen Christen, damit er uns mit seinem Himmel erfüllt, seine Herrlichkeit schauen lässt, uns sein Friedensreich gibt und dass wir in der Lage sind, seinen Willen zu erfüllen. Immer wieder ermuntert Jesus seine Hörer, auf Gott und seine Herrlichkeit zu bauen, denn er liebt uns als seine Kinder. Gott ist ansprechbar! Er ist keine ewige Weltvernunft oder das Dunkel, das einmal alles wieder verschlingt. Er ist ein echtes „Du“ und möchte auch so angeredet werden. Und wieder auf Franz zurückzukommen, so war dieses Wörtchen die Lösung für seine Gottesfrage. Man braucht zu Gott nur „Du“ zu sagen. Er wiederholte es unzähligen Male am Tag und fand sich so unter dem Schutz des Allmächtigen geborgen. Auch wir sollten nicht müde werden, mit Gott wie mit einem Freund, einer Mutter oder einem Vater zu sprechen. Jeder kann das. Man braucht nicht Meditationskurse mitgemacht zu haben. Man soll nur seine Not aussprechen und auch hinausschreien, wenn einem danach ist. Die Erfahrung machen viele Lateinamerikanische Christen und spüren Gottes Beistand. Überhaupt, jeder Aufbruch des Glaubens ist wesentlich durch diese Gotteserfahrung bedingt. Mit dürrem Wissen über Gott kommt man nicht weiter. Zum mindesten sollten wir es mit Jesus selber versuchen, der uns diesen Gott verkündigt hat. 


Gott redet menschlich mit uns 

Wir wissen aus dem Glauben, dass Gott, als die Fülle der Zeit gekommen war, seinen Sohn in unsere Welt sandte, damit er uns die Frohe Botschaft von seinem Reiche bringe. Dieser geliebte Sohn ist unser Bruder, unser Herr und Meister und unser Erlöser geworden. An ihn denken wir am heutigen Festtag mit besonderem Dank, weil wir die Osterzeit wieder erlebt haben und seinen Geist bekamen. Ihm rufen wir mit den Worten des Gloria seine Ehrentitel zu: Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters, der allein Heilige, der Höchste, der Christus/Messias. Erhöht zur Rechten des Vaters bleibt er uns nahe tritt immer für uns ein . Denn er ist derselbe geblieben, der er auf der Erde war: Hilfe für die Armen, Schutz für die Verachteten, Befreier der Unterdrückten und sogar Freund der Sünder. Damals konnte er lachen und weinen, loben und freundlich sein, zärtlich und hingebend. Zwar war er energisch im Kampf gegen Sünde und Unrecht, er konnte Entscheidungen abfordern und Letztes von seinen Freunden verlangen. Aber so ist nun einmal das Leben! Oder besser: So ist nun einmal Gott. Wer sich zu seiner Nachfolge im Glauben entschlossen hat, hat nichts zu bereuen. In Leid und Not wird er in ihm einen Anwalt finden und Trost zu jeder Zeit. Dies alles ist das Schönste am Christentum, das allen anderen Religionen abgeht. Unser Herr ist echt menschlich, menschlicher geht es nicht. 


Geeint im Heiligen Geist 

Wir sind nicht einzelne Gläubige, die sich um die wahre Religion bemühen, vielmehr sind wir eine Gemeinschaft, die Gott selber zusammengeführt hat, und zwar im Heiligen Geist. Er ist das Band in der Gottheit zwischen Vater und Sohn; er ist auch jene Kraft, die uns zu Kindern Gottes und Gliedern Christi macht und gemeinsam dem Vater entgegenführt. Als einzelne können wir den Problemen des Lebens und der Welt nicht Herr werden. Wir unterliegen sehr schnell dem Sog der Zeit und dem Drang nach unten; wir werden müde und nachlässig. Darum ist Gottes Geist so wichtig für uns, der uns den Menschen zum Mit-Menschen und zum Freund macht. 

Woher sollten wir die Fähigkeit haben, jeden Menschen, ganz ungeachtet seiner Rasse, Bildung und Eigenart zu akzeptieren? Wer kann uns versichern, dass das Leben wirklich einen Sinn hat? Wer lässt uns schweres Unrecht ertragen und mit Entschlossenheit dagegen angehen? 

Es ist der Geist Gottes, der den Armen beisteht, den Ratlosen nicht verlässt und in Krankheit die Hoffnung schenkt. Auch das verzeihen, ohne das auf die Dauer kein Leben möglich ist, ist Gabe des Geistes, wie Jesus es am Ostersonntag gesagt hat: Empfanget den Heiligen Geist. Wem ihr die Sünden nachlasst, dem sind sie erlassen. …Wo der Geist Jesu spürbar wird, wird Trockenes weich, wird sprödes zart, wird Verbranntes wieder grün und lebendig. (So beten wir im „Veni, Sancte Spiritu.“)

Auch wenn wir auf die Politik schauen, sollten wir nicht vergessen, dass Gottes Geist Aufbrüche bereithält, die wir nie für möglich hielten (vgl. 1990 im Osten Europas). Überall bricht Solidarität auf für die, welche sich nicht helfen können. Und viele lassen sich anfordern. Wo man mit ihm rechnet, wird man beflügelt.
So bitten wir mit dem alten Kirchengebet: Komm, Heiliger Geist, und erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.


P. Dr. Heinrich Dumont SVD - [Anmerkung der Redaktion: Die von P. Dumont verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1991/; S. 227ff]