1. Adventssonntag (C)

Predigtimpuls

Wirtschafts- und Finanzkrise: „Wachsen und reich werden“

1. Lesung: Jer 33,14-16
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Thess 3,12 - 4,2
Evangelium: Lk 21,25-28.34-36
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de


„Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es nahet eure Erlösung.“ Dieser Zuspruch Jesu steht an der Eingangstür zur Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers. 

Angesichts der vielfältigen und vielschichtigen Krisen, die wir derzeit erleben, fällt uns das gar nicht leicht. Vielleicht ist vielen eher danach, den Kopf in den Sand zu stecken und darauf zu vertrauen, dass die Schwierigkeiten vorüber ziehen. Allzu viele tun das ja. Aber so eine Haltung ist nicht nur naiv. Sie ist auch unchristlich. Für uns Christgläubige sind Krisen eine Chance. An ihnen ist erkennbar, was falsch läuft in unserer Welt. Was nicht dem Plan Gottes und seiner liebenden Sorge um alle Geschöpfe entspricht. Krisen sind eine Mahnung, die uns wach rüttelt, damit wir uns als Christinnen und Christen einbringen bei der Gestaltung unserer Gesellschaft. Wir dürfen es tun im Vertrauen darauf, dass Christus inmitten der Krise auf uns zukommt und uns beisteht. Und wir dürfen es tun im Vertrauen darauf, dass uns vom christlichen Glauben her Werte und Visionen geschenkt sind, die uns helfen, die Krise zu überwinden.

Was werden für Konzepte angeboten angesichts der Wirtschaftskrise, die viele Teile der Welt betrifft? Kurz seien zwei genannt. Wir brauchen wieder mehr Wirtschaftswachstum, sagen die einen. Wir müssen mehr sparen und die Überschuldung bekämpfen, sagen die anderen. Jede vorgeschlagene Lösung hat einen oder mehrere Haken: Wirtschaftswachstum vergrößert den Raubbau an den Ressourcen der Erde und den Ausstoß von Treibhausgasen. Beides ist jetzt schon schlimm genug. Der Klimawandel bedroht die Zukunft des Lebens auf unserem Planeten. Und wenn der Staat spart, leiden vor allem die sozial Schwachen. Die haben jetzt schon immer weniger vom Wohlstand in der Gesellschaft. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, auch bei uns.

Hier soll keine Lösung angeboten werden für die Weltwirtschaftskrise. Es gibt keine einfache Lösung. Und die Sonntagspredigt ist nicht der Ort für Wirtschaftspolitik. Was uns der christliche Glaube aber anbietet, sind Werte und Visionen, die uns in einer Zeit der Krise anleiten können bei der Suche nach Auswegen. Aus der Krise könnte ja auch ein Kairos werden, ein Gnadenmoment. Denn die Krise macht uns bewusst, was falsch läuft. Und der Glaube macht uns bewusst, was Gottes Wille für unser Leben ist.

Paulus spricht im Brief an die Thessalonicher vom „wachsen und reich werden“. Er meint damit aber nicht das Wirtschaftswachstum und die Anhäufung von Vermögen. Christgläubige sollen wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen, sagt er. Wenn wir das als Richtschnur unseres Lebens nehmen, dann haben wir inmitten der Krise einen Kompass, der hinführt zu Veränderungen, die dem Plan Gottes für unser Leben entsprechen. Dann ereignet sich Advent, Ankunft Gottes, in unserer Welt. Wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen… – Sie fragen sich vielleicht: Und wie soll das gehen? Und was kann ich als unbedeutender Mensch schon bewegen angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise? Dazu eine kleine Begebenheit:

Bei einer Hochzeit ergriff vor dem Tanz der Neuvermählten die Brautjungfer das Wort. Sie sagte: „Liebes Brautpaar, ich habe zugeschaut, wie ihr den Brautwalzer eingeübt habt. Ich habe erlebt, wie ihr da miteinander umgegangen seid: Achtsam, wertschätzend, aufbauend, kooperativ… Da habe ich mir gedacht: Das ist wirkliche Liebe! Diese Beziehung ist soooo tief! Sie wird halten.“ Und vor allen Leuten bekannte die junge Frau: „Nach einigen zerbrochenen Beziehungen habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass Liebe möglich ist. Ihr habt mir diesen Glauben zurückgegeben. Ich danke euch!“

Das Kleine kann ungeheuer viel bewirken. Wenn wir wirklich ernst machen damit, dass wir in der Liebe zueinander und zu allen wachsen wollen, dann wird das unsere Beziehungen verändern. Unsere Art, miteinander umzugehen. Unsere Konsumgewohnheiten. Unsere Steuermoral. Unseren Blick auf die sozial Schwachen. Unser politisches Verhalten….

Nützen wir diesen Advent, um zu wachsen und reich zu werden in der Liebe zueinander und zu allen. Und erheben wir gestärkt durch den Glauben mitten in den Krisen unser Haupt, denn eines ist gewiss: Es naht unsere Erlösung!

 

P. Dr. Franz Helm SVD