1. Fastensonntag (C)

Predigtimpuls

„Wesentliches im Auge behalten“

1. Lesung: Dtn 26,4-10
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 10,8-13
Evangelium: Lk 4,1-13

Es gab eine Zeit, da verstanden die Menschen das Fasten als Entbehrung und als etwas Leidiges. Man erlegte sich einen Mangel auf, der weh tat. Das ist im Kern eigentlich bis heute so geblieben. Dennoch kann das Fasten in sehr verschiedener Weise verstanden werden, wobei es maßgeblich darauf ankommt, wie man lebt. In unserer heutigen Zeit wird eher deshalb gefastet, weil wir zu viel haben. Wir wollen den Blick für das Wesentliche schärfen und haben verstanden, dass uns der ganze Ballast, der uns umgibt, den Blick auf gerade dieses Wesentliche verstellt. Und um diesen Ballast los zu werden, sind wir auch schon einmal bereit, richtig etwas auszugeben. Das ist unsere Sicht auf unsere Welt. In der heutigen ersten Lesung sieht das ganz anders aus. Es ist von der Erstlingsgabe die Rede. Das Volk kam gerade aus der Not in ein Land, das wieder Leben versprach. Es gab eine Ernte und von der wurde abgegeben, musste abgegeben werden. Und diese Art des Fastens ging mit Dank einher. Die Armut war überwunden und dafür konnte man jetzt mit einer großzügigen Gabe danken. Fasten und Dank gehören zusammen. Wirkliches Fasten lässt etwas übrig, was dankbar weitergegeben werden kann. Ich habe in den letzten Tagen in einem ziemlich seichten Kriminalfilm spät abends folgenden Satz gehört, der sich in mein Gedächtnis einbrannte: „Ist die Armut einmal überwunden, dann stellt sich die Habsucht ein.“ Oftmals wurde und wird dieser Satz wahr, aber er ist das Gegenteil von dem, was uns in der Lesung präsentiert wurde: „Die Armut ist überwunden; jetzt ist es Zeit, dankbar zu sein!“ Dankbarkeit ist eine große Tugend, die auch den Preis der Entbehrung verträgt. Die Erstlingsfrüchte, die dort Gott übergeben werden, sind Zeichen der Dankbarkeit. Sie stammen aus einem gesunden Fasten, einer vertretbaren Entbehrung, die uns auch menschlich einleuchtet. Wenn wir etwas bekommen haben, dann wollen wir auch danken. Diejenigen, die aus Armut herausgeführt wurden und sich in die Habsucht stürzen, haben nichts verstanden; nichts vom Menschlichen und schon gar nichts vom Göttlichen unseres Glaubens. 

Im Evangelium werden uns die Entbehrung und das Fasten wieder auf eine ganz andere Art und Weise vor Augen geführt. Jesus hat sich zurückgezogen an einen unwirtlichen Ort, die Wüste. Vierzig Tage verbringt er dort, um Klarheit zu erlangen über seine Mission unter den Menschen. Die vierzig Tage sind natürlich auch eine symbolische Größe. Das Volk Israel brauchte vierzig Jahre Wüstenwanderung, um an der Schwelle zum gelobten Land zu stehen. Es geht hier wirklich darum, sich über das klar zu werden, was man in seinem Leben will, wozu man da ist und wo sich das Wesentliche auch bei uns konzentriert. Unsere Fastenzeit dauert auch vierzig Tage. Sie ist Chance und Möglichkeit, mit Jesus unseren eigenen, richtigen und heilvollen Weg zu gehen. Jesus bekommt es in der Wüste mit dem Versucher zu tun. Es ist eine Geschichte, die an drei Punkten angreift und Jesus und auch uns vor Fragen stellt, die in sich Versuchungen bergen. Wir würden einfach gut daran tun, uns in die Lage Jesu zu versetzen. Er hat Hunger; er ist angreifbar, weil sein Hunger schmerzt. Ihm wird Brot versprochen. Auch wir haben Hunger; Hunger nach einem Leben, das uns alles bietet. Aber ist dies das Leben, das wir wollen? Oder noch eher: Ist dies das Leben, das uns gut tut? Jesus hat sich nicht dafür entschieden, dem Hunger nachzugeben. Warum nicht? Weil es nicht die Zeit dafür war. Hätte er nachgegeben, dann hätte er das Wesentliche aus den Augen verloren: Seine Sendung zu den Menschen. Und genauso ging es mit den anderen beiden Versuchungen. Keine von ihnen war schlecht oder ungebührlich. Es ist nicht schlecht, seinen Hunger zu stillen; es ist nicht schlecht, seine Visionen und Träume zu haben; es ist auch nicht schlecht, sich in die Arme Gottes zu werfen. Ganz und gar nicht! Aber es ist nicht richtig, es zum verkehrten Zeitpunkt zu tun. Das Wesentliche im Leben Jesu war seine Aufgabe in dieser Welt und unter uns Menschen. Alles andere wäre falsch gewesen. Und auf diesem Weg war nicht alles leicht, nicht alles ungefährlich. Auch unsere Geschichte von ihm und dem Versucher in der Wüste gehört dazu. Er sollte von seinem eigentlichen Weg abgebracht werden. Das hat er nicht zugelassen und ist seinen Weg gegangen.

Auch wir alle haben einen Weg im Leben zu gehen, der nicht immer leicht ist, der Umwege kennt, an dem Versucher stehen, die uns leichtere Ziele vorgaukeln. Das Wichtige ist, das Ziel, das Wesentliche und letztlich das Richtige im Auge zu behalten. Das ist oft schwierig, weil wir Hunger nach dem nächsten Bissen haben und das „gute Brot“ so weit weg ist. Das ist oft schwierig, weil es da eine Vision gibt, die aber nicht die unsrige ist, die in so weiter Ferne liegt und noch einiges an Geduld fordert. Das ist oft schwierig, weil ich mich jetzt schon gerne einfach mal fallen lassen würde, obwohl ich noch aufrecht bleiben muss, wenn ich das Wesentliche schaffen will. Unser Leben verläuft nicht absolut gradlinig. Und wir wissen auch oft nicht, was denn nun das wirklich Wesentliche ist, das unser Ziel ausmacht. Aber eines ist ganz sicher, dort, wo wir von dem abkommen, was uns zu Jesus Christus führt, da sind wir auf dem Holzweg. Gerade an diesem Weg stehen die Versucher, die uns Leichteres einreden wollen. Dort müssen wir nein sagen und die Wege der Gerechtigkeit, des Friedens und der Barmherzigkeit gehen. Und die sind oft weit, karg und sehr holprig. Amen.

 

P. Fabian Conrad SVD