Hl. Mutter Teresa (G)

Predigtimpuls

Zum hl. Jahr der Barmherzigkeit

Lesung: 1Kor 13,4-7
Evangelium: Mt 25,31-40

„Haben Sie Mutter Teresa persönlich getroffen?“ Als einer mit indischer Herkunft höre ich häufig diese Frage, vor allem wenn Mutter Teresa im Gesprächsthema vorkommt. Leider konnte ich ihr persönlich nicht begegnen. Aber ich durfte sowohl in Indien als auch in Deutschland mit den „Missionarinnen der Nächstenliebe“ in Verbindung kommen. Daher weiß ich ihre Dienste und ihr Leben sehr zu schätzen. Sie leben es vor, was die radikale Nachfolge Christi heißen kann. „Wenn jemand zu mir kommt und hasst (geringachtet) nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14, 26). Die Missionarinnen der Nächstenliebe dürfen alle zehn Jahre ihre Heimat und Familie besuchen. Wer mag das heute noch verstehen?


Jesu Ruf am Kreuz „I thirst – mich dürstet“ (Joh 19,28), „ein Ausdruck der tiefen Sehnsucht Gottes nach dem Menschen“, beantwortet Mutter Teresa mit einem „I quench“ – „ich stille diesen Durst“. Wie hat alles begonnen? Geboren wurde Mutter Teresa am 26. August 1910 in Skopje im heutigen Mazedonien. Ihre Eltern, die aus Albanien stammten, ließen sie auf den Namen Agnes Gonxha Bojaxhiu taufen. 

Mit 18 Jahren folgte sie ihrer Sehnsucht, „in die Welt zu ziehen und das Leben Christi den Menschen weiter zu geben.“ Sie trat in den Orden der Loreto-Sisters in Irland ein, um den Wunsch ihres Herzens zu erfüllen, als Missionarin nach Indien geschickt zu werden. Als Novizin ging sie nach Indien und nahm den Namen Teresa an. Sie unterrichtete zunächst in einer Mädchenschule in Kalkutta. In einer Offenbarung hörte sie den Ruf Jesu „mich durstet“, der sie nicht los ließ. So hatte sie die Sicherheit ihrer Ordensgemeinschaft verlassen und vertraute sich ganz der Führung Jesu an. Nach anfänglichem kurzen Zögern gab sie ihre Einwilligung, verlässt mit Zustimmung des Papstes ihre Ordensgemeinschaft und gründet 1950 die Gemeinschaft der „Missionarinnen der Nächstenliebe“, die Jesu Licht zu den Ärmsten der Armen in den Slums Kalkuttas und später in die Slums der ganzen Welt bringen sollten.

Der Kongregation „Missionarinnen der Nächstenliebe“ gehören heute rund 5000 Schwestern in über 700 Häusern weltweit an. Der Orden unterhält Heime für Sterbende, Lepra- oder Aidskranke, Obdachlose und Kinder. Deutsche Niederlassungen gibt es in Essen, Mannheim, Berlin, Hamburg, Chemnitz und München. Die charakteristische Ordenstracht besteht aus einem Sari mit blauer Borte, der das Gewand der Armen in der Region um Kalkutta symbolisieren soll, einem kleinen Ansteck-Kruzifix und einem Rosenkranz.

Liebe Mitchristen, in der Tat ohne Mutter Teresa und ohne ihre Ordensmitschwestern wäre die Welt heute viel ärmer. Was Mutter Teresa geleistet hat und was ihre Schwestern der Nächstenliebe heute noch tun, können wir nicht in Worten fassen. Heilige Mutter Teresa ist ohnehin eine der bekanntesten Frauen der Welt. Nicht ohne Grund nennen auch heute 24 Prozent der Befragten zwischen 14 und 29 Jahren Mutter Teresa als Vorbild. Und nach einer US-Rangliste gilt sie als die „meistbewunderte Frau des 20. Jahrhunderts“. Es gibt aber auch Kritiker, die vorwerfen, dass Mutter Teresa die Armen zum Christentum bekehren wollte. Aber sie blieb und bleibt auch heute "Engel der Armen".  

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Dieser Satz aus dem Evangelium, bohrte sich ins Gewissen von Mutter Teresa und wurde zu ihrem Lebensinhalt. Dieser Bibelvers war entscheidend für das Verständnis von Mutter Teresas Dienst an den Armen und sie hat dies beispielshaft vorgelebt. 

1979 bekam Mutter Teresa den Friedensnobelpreis für ihr unermüdliches Engagement. „Die Apostelin von Frieden und Liebe“ starb am 5. September 1997. Zunächst wurde der Leichnam in der St.-Thomas-Kirche aufgebahrt. Eine Woche lang nahmen hier Tausende von Trauernden Abschied. An der offiziellen Trauerfeier am 13. September in Kalkutta nahmen rund 20.000 geladene Gäste teil, darunter Staatsoberhäupter und Regierungsvertreter aus 23 Ländern. Nach dem Gottesdienst in katholischer Liturgie und einer Trauerrede des Erzbischofs von Kalkutta würdigten u. a. auch ein Moslem, ein Hindu und ein Buddhist das Wirken von Mutter Teresa, die dann nach einer Prozession durch die von Zehntausenden gesäumten Straßen Kalkuttas im Mutterhaus ihres Ordens ihre letzte Ruhestätte fand. Selig gesprochen wurde sie rapide, bereits sechs Jahre nach ihrem Tod. Johannes Paul II., der Mutter Teresa mehrmals begegnet war, hatte dafür die kirchenrechtlichen Wartezeiten aufgehoben. 

Papst Franziskus sprach sie gestern im Dasein von tausenden von Menschen auf dem Petersplatz heilig, auch sehr passend im Jahr der Barmherzigkeit. Ohnehin ist Mutter Teresa ein Vorbild nach Franziskus‘ Geschmack: Hinausgegangen aus der wohltemperierten Kirchenstube, in die Peripherie des menschlichen Lebens hinab, sammelte Sterbende von den Straßen Kalkuttas, um ihnen einen würdevollen Tod zu ermöglichen. Sie küsste Leprakranke – so wie Franziskus jeden Mittwoch Kranke küsst, um ihnen menschliche Nähe zu vermitteln.

Liebe Mitchristen, das Leben der heiligen Mutter Teresa war in mehrfacher Hinsicht heroisch und heldenhaft, beispielsweise ihr unermüdlicher Dienst an den Armen und ihr mutiges Zeugnis vor Millionen von Menschen und davon, was es heißt, das Evangelium zu leben. Die heilige Mutter Teresa kann uns ein Vorbild sein, gerade für unsere Kirche heute, auch gerade für unsere Welt, die mehr denn je ein friedliches Miteinander der Völker, mehr Gerechtigkeit und vor allem mehr Liebe bedarf. Mit dem folgenden Zitat von Mutter Teresa möchte ich die Predigt beenden:

Wir müssen uns bewusst sein, dass wir für etwas Großes geschaffen sind, nicht dafür, eine Nummer in der Welt zu sein, und auch nicht dafür, akademische Grade und Titel zu erwerben oder diese oder jene Arbeit zu tun. Wir sind geschaffen, um zu lieben und geliebt zu werden.

P. Vijay Kumar Tirkey SVD