14. Sonntag im Jahreskreis (C)

Predigtimpuls

Neue Wege

1. Lesung: Jes 66,10-14c
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Gal 6,14-18
Evangelium: Lk 10,1-12.17-20

Predigtimpuls zu Gal 6,14-18

Wenn Sie an Jesus Christus denken, zu ihm beten, über ihn reden – welches Jesusbild haben Sie dann vor Augen? Es gibt so viele Jesus-Bilder, allein schon in der Kunst: das Jesuskind in der Krippe; das Jesuskind auf dem Schoß Mariens; Jesus bei der Taufe durch Johannes, bei der Predigt, bei der Verklärung auf dem Berg; Jesus mit den Kindern, mit der Sünderin, bei der Berufung der Jünger, beim Letzten Abendmahl, im Garten Getsemani; Jesus an der Geißelsäule, der Kreuz-tragende Jesus, der gekreuzigte, der tot am Kreuz hängende Jesus, der auferstandene... So viele Jesusbilder und noch mehr, die Szenen aus den Evangelien darstellen, dazu viele andere: der Schmerzensmann, Herz-Jesu, Christ-König, der barmherzige Jesus... Was ist Ihr bevorzugtes Jesusbild? Welches Jesusbild spricht Sie an und inspiriert Sie?

Für Paulus war es klar, es war Jesus, der sich am Kreuz für uns hingegeben hat. „Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“

Paulus steht in der Auseinandersetzung mit Judenchristen, die den Heidenchristen einreden wollten, sie müssten sich beschneiden lassen und das ganze mosaische Gesetz befolgen, um von Gott angenommen zu werden und seine barmherzige und liebende Zuwendung zu erlangen. Demgegenüber betont Paulus: Wer sich auf die Beschneidung und auf die treue Einhaltung des Gesetzes verlässt, der erkauft sich damit nicht die Liebe Gottes, er verfehlt vielmehr das Heil. Durch seine liebende Hingabe am Kreuz hat Jesus uns die gütige Zuwendung Gottes erworben, und wir erlangen sie durch den Glauben und das Vertrauen auf den gekreuzigten Christus.

Sie denken vielleicht: Was interessiert mich die Diskussion des Paulus damals mit den Judenchristen; das Problem ist doch längst aus der Welt geschafft. Nein, nicht ganz. Kennen wir nicht die Versuchung, zu meinen, wir müssten uns die Zuneigung Gottes durch dies oder jenes erkaufen? Ist Ihnen der Gedanke so fern, dass Gott mit Ihnen eigentlich recht zufrieden sein müsste, weil Sie ja doch ein guter Christ sind? Haben Sie nicht schon so manches Mal gehört: Warum hat mich dieses Unglück, diese Krankheit getroffen, wo ich doch ordentlich gelebt habe und immer in die Kirche gegangen bin?

Abgesehen davon, dass Krankheit und Unglück nicht bedeuten, dass Gott uns seine Liebe entzogen hat, müssen wir uns das Wohlwollen Gottes nicht erst verdienen – und könnten es auch gar nicht. Es wird uns geschenkt. Unser Glaube und unser Vertrauen auf Jesus Christus sind unser Ja zu diesem Geschenk.

Aber geht unser Glaube weit genug? Sind wir wirklich überzeugt, dass wir, wie Paulus schreibt, „eine neue Schöpfung“ sind und der Herr uns den „Geist der Kindschaft“ geschenkt hat, durch den wir aus Knechten und Mägden zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden sind? Glauben wir, dass wir tatsächlich einmal mit Jesus Christus auf ewig im Vaterhaus Gottes leben sollen, in der Lebensfülle bei dem, von dem alles Leben kommt?

Was das bedeutet, können wir uns ebenso wenig vorstellen wie wir es uns verdienen können; aber Gott schenkt es uns aufgrund des Kreuzes Jesu. Neue Schöpfung sein bedeutet aber, ein anderes, ein neues Leben zu leben, ein Leben, das Jesus als Herrn anerkennt und sich an ihm orientiert, seine Werte und Maßstäbe übernimmt und von ihm selbstlose barmherzige Liebe lernt. Wir erfahren täglich, auf wie vielen Gebieten wir uns abgrenzen müssen gegenüber dem, was heute als Norm und normal und selbstverständlich gilt. Aber das bedeutet Freiheit: Wir müssen uns nicht bestimmen lassen von dem was „man“ uns vorgibt; wir müssen uns nicht bestimmen lassen von Vorurteilen und Ängsten, am wenigsten von der Selbstsucht. Bitten wir immer wieder um den Heiligen Geist, dass er uns die Weisheit und die Kraft gibt, diese Freiheit zu leben und Christus zu folgen.

Wer „neue Schöpfung“ ist, gehört Christus. Paulus weist darauf hin, dass er die „Zeichen Jesu“ an seinem Leibe trägt wie ein Tier das Brandzeichen seines Besitzers. Paulus bezieht sich möglicherweise auf die Narben der verschiedenen Folterungen, die er auf seinen missionarischen Reisen für Christus erlitten hat. Wer durch Christus „neue Schöpfung“ geworden ist, muss sich gefasst machen, dass auch ihm möglicherweise solche „Zeichen“ zugefügt werden – für Millionen Christen in kommunistischen und islamischen Ländern ist das heute eine Realität.

Jesus ist ans Kreuz gegangen, damit wir mit ihm als „neue Schöpfung“ zu einem neuen Leben auferstehen und uns beschenken lassen mit ewigem Leben bei Gott. Und dem gegenüber ist alles andere: Nichts.


P. Lothar Janek SVD