3. Adventssonntag – Besinnung

Besinnung

Lesung aus dem Buch Jesaja, Jes 35,1-6b.10

                                                                                              Jes 35,1-6b.10


Text

35,1 Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, die Steppe soll jubeln und blühen.

35,2 Sie soll prächtig blühen wie eine Lilie, jubeln soll sie, jubeln und jauchzen. Die Herrlichkeit des Libanon wird ihr geschenkt, die Pracht des Karmel und der Ebene Scharon. Man wird die Herrlichkeit des Herrn sehen, die Pracht unseres Gottes.

35,3 Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest!

35,4 Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! Die Rache Gottes wird kommen und seine Vergeltung; er selbst wird kommen und euch erretten.

35,5 Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.

35,6 Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf.
In der Wüste brechen Quellen hervor und Bäche fließen in der Steppe.

35,7 Der glühende Sand wird zum Teich und das durstige Land zu sprudelnden Quellen. An dem Ort, wo jetzt die Schakale sich lagern, gibt es dann Gras, Schilfrohr und Binsen.

35,8 Eine Straße wird es dort geben; man nennt sie den Heiligen Weg. Kein Unreiner darf ihn betreten. Er gehört dem, der auf ihm geht. Unerfahrene gehen nicht mehr in die Irre.

35,9 Es wird keinen Löwen dort geben, kein Raubtier betritt diesen Weg, keines von ihnen ist hier zu finden. Dort gehen nur die Erlösten.

35,10 Die vom Herrn Befreiten kehren zurück und kommen voll Jubel nach Zion. Ewige Freude ruht auf ihren Häuptern. Wonne und Freude stellen sich ein, Kummer und Seufzen entfliehen.



Textbetrachtung 

35,1 Die Wüste, das trockene Land und die Steppe sind Bilder für das 586-538 v. Chr. von den (Neu-) Babyloniern, den Chaldäern, an Eufrat und Tigris verschleppte „Israel“.

35,2 Das „verwüstete“ Eigentumsvolk Jahwes, „Israel“, wird vom Libanon im Norden des Landes bis zum Karmel und darüber hinaus bis zum Süden wieder herrlich aufblühen. Nicht die Wüste und Steppe (Wortbilder für Israel), wird jubeln und jauchzen, sondern das heimgekehrte Volk. So verspricht es der Prophet. In der irdischen Herrlichkeit des mächtigen Libanongebirges wird man dann die göttliche Herrlichkeit Jahwes und die Pracht „unseres“ Gottes wiedererkennen. Der wurde nämlich nicht durch den neubabylonischen Staatsgott Marduk 586 v.Chr. besiegt. Das Exil, so predigen es die Propheten, war die Strafe Jahwes, „unseres Gottes“, für die Nichtbeachtung seiner Tora und Weisung. Außer Jahwe gibt es fortan keinen anderen Gott mehr.

35,3 Die mutlos gewordene Exilsgemeinde, die sich mit der damaligen Situation bereits abgefunden hat, fordert Jesaja auf, die erschlafften Hände und die wankenden Knie stark und fest zu machen und sich auf die Rückkehr in ihr von Jahwe geschenktes Eigentumsland vorzubereiten.

35,4 Die Verzagten sollen mutig handeln und sich nicht vor den enormen Problemen und Schwierigkeiten einer Wiederbesiedlung „Israels“ fürchten. Im Vertrauen auf ihren Gott können sie die Heimkehr wagen. Er wird ihre politische Niederlage von 586 v. Chr. rächen und den Neubabyloniern vergelten, was sie seinem Volk zugefügt haben. Jahwe selbst wird sein jetzt noch verzagtes und mutloses Volk aus ihrer Übermacht und Versklavung erretten.

35,5 Mit den Blinden und Tauben und im nächsten Vers mit den Lahmen sind wohl keine körperlichen Krankheiten gemeint, sondern eher das Verhalten von Menschen, denen Sehen und Hören vergangen ist. Niemals ist ein Mensch so blind als dann, wenn er nichts sehen will. Jesaja aber verheißt den Exilanten, dass sie nach ihrer Errettung wieder sehen und hören werden wie Jahwe gegen allen Augenschein die Fäden der Geschichte in Händen hält und an seinem Volk handelt.

36,6 Dann wird man Freudensprünge machen und jauchzen.

Die Verse 6b – 9 (kursiv gedruckt) werden in der heutigen alttestamentlichen Sonntagslesung ausgelassen. Wahrscheinlich empfand man diese eingeschobenen Verse von der „Wüste als Weg“ nicht passend zu der „Wüste und Steppe“ als Bilder für das Volk, vgl. V 1.

35,10 Der V 10 fährt dort fort, wo der Vers 6a geendet hat. Da war ja die Rede von der Freude der demnächst nach „Israel“ Heimgekehrten über ihren rettenden Gott Jahwe. Bereits stellt man sich vor, wie die vom Herrn Befreiten jubelnd nach Zion zurückkehren. Dann stellen sich Wonne und Freude ein, Kummer und Seufzen haben ein Ende.

P. Hieronymus Horn OSB