Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria

Predigtimpuls

Begnadet und beschenkt – offen für das Neue

1.Lesung: Gen 3,9-15.20
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Eph 1,3-6.11-12
Evangelium: Lk 1,26-38
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Inma, so hieß meine Spanischlehrerin in Salamanca. Eine wunderbare, junge
Frau. Mutter von zwei Kindern. Sie gefiel mir gut. Unvergesslich. Sie war eine gute Lehrerin. 

Erst später dachte ich über ihren Namen nach. Inma war die Abkürzung für Inmaculada. Inmaculada heißt die Unbefleckte. Warum nicht – dieser Name passte zu ihr. 

Später dann in Argentinien, da wurde mir vieles klar. Am 8. Dezember wird die Unbefleckte, die Inmaculada gefeiert, Maria. Sie wird durch die Straßen getragen in Prozession – Maria bewegt die Menschen. Das Volk ist bewegt und macht sich auf den Weg. 

Einige Jahre später in Rom bekam ich eine Medaille der Unbefleckten Empfängnis. Heute habe ich sie immer bei mir in der Geldbörse. 

Immer wieder diese Begegnung mit dieser Frau, mit Maria. Mir als Mann des 20. Jahrhunderts. 

In der Zusammenschau entdecke ich einige mir wichtig gewordene Aussagen über Maria. 

Begnadet, ein begnadetes Menschen-Kind, beschenkt, ein Geschöpf Gottes dies konnte ich auch so ähnlich von meiner Spanischlehrerin sagen.  

Herrliches sagt man von ihr – das Volk muss es doch wissen. Maria tut den Menschen gut. Ihre Offenheit, ihre Ausstrahlung. Sonst wäre die Begeisterung der Menschen bei einer Prozession am 8. Dezember nicht zu verstehen. Menschen, die so sind, so bewegt, die sich bewegen lassen, tun auch mir gut. 

Die Medaille aus Rom –Aberglaube – wer weiß, oder Hinweis auf Maria: Sie ist mit den Menschen – Ratgeberin, Fürsprecherin, auch für mich. Allein packe ich dieses Leben nicht. 

Schaue ich dann noch in den Text des heutigen Evangeliums, dann spüre ich, das Maria dem Leben Raum gibt. Ihr liegt das Wort Gottes, Jesus selbst am Herzen. Gott wird groß bei Ihr. 

Und die Menschen – sie werden geachtet, geschätzt. Elisabeth, ihre Verwandte, die Jünger, die Hochzeitsgäste in Kana, Johannes. Auch ich fühle mich davon angesprochen. 

Maria sucht keine ständige Selbstbestätigung: sondern sie lebt selbstverständlich ihr Leben. Empfänglich für das Schöne, das Leben. 

Dies ist, was ich glauben kann. Maria bewegt die Herzen der Menschen, geht mit, auch meinen Weg. Maria hat Einsicht gewonnen in ihr eigenes Wesen. Sie weiß von sich. Sie ist die kluge und ratende Frau. Keine, die es besser weiß, sondern die, die nach Wegen sucht. Wegen zum Leben … und offen für das neue. 

Maria ist bei sich selbst angekommen, zu Hause, sie hat ihre Mission erkannt. So können Freundschaften wachsen, zu Gott, zu sich selbst und den anderen. Maria, die Frau an der Seite des Volkes, dem gemeinen Volk, ist unterwegs im Heiligen Geist. Eine volksnahe Frau, ohne Berührungsängste, bereit zu Veränderung und neuem Tun. 

Mit Maria können wir die Zeichen der Zeit erkennen. Auch heute machen sich Frauen und Männer auf, um sich auf ihrem Weg in das Jahr 2000 von Maria bewegen zu lassen. 


P. Dr. Ludger Müller SVD - [Anmerkung der Redaktion: Die von P. Müller. verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1999; S. 391f]