Hochfest der Verkündigung des Herrn

Predigtimpuls

„Wir sind Mitspieler, mitten drinnen im Geschehen von Heil und Hoffnung.“

1. Lesung: Jes 7,10-14
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de (GL 41,1+2,9-14 )
2. Lesung Hebr 10,4-10
Evangelium: Lk 1,26-38
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Am liebsten spiele ich, wenn ich eine Predigt vorbereiten soll, im biblischen Text mit. Ich frage mich dann gerne, wie hätte ich denn reagiert? Was hätte das berichtete Geschehen mit mir gemacht, wenn ich der Betroffene gewesen wäre? So geht es mir auch mit zwei Hauptfiguren unserer heutigen biblischen Texte, die uns die Kirche in unserem Gottesdienst ans Herz legt.

Da brütet der König Ahas in einer mehr als schwierigen Zeit über Entscheidungen, die zum Wohl oder Wehe seines Volkes werden können. Bündnispolitik - und wenn ja, mit Wem? Früher hätte das bei uns Nato oder Warschauer Pakt geheißen. Er wird sein Heer durchgerechnet, dessen Stärken und Schwächen überlegt haben, sich mit dem Zustand der Waffen vertraut gemacht und vor allem die Stadtmauer, ja noch wichtiger die Wasserversorgung überprüft haben. Schlaflose Nächte, ein Hin und Her, ein Pro und Contra … Was ist klug? Was ist richtig? Vor allem: Was ist notwendig, was bringt Zukunft, Sicherheit und Frieden?

Mitten in solchen Gedankengängen klopft der Prophet Jesaja bei ihm an. Dieser erinnert den König an Gottes Beistand, an die alte Erfahrung des Volkes Israel, dass Gott es nicht verlässt, dass er an seiner Seite steht und sich als Befreier und Retter erweisen wird.

König Ahas ist sich nicht so sicher, wie der Prophet, dass Gottvertrauen reicht, um die Situation zu retten, die Gegenwart zukunftsträchtig zu gestalten. Irgendwie scheint der Prophet schon mit Einwänden gerechnet zu haben. Er zieht den Joker, bietet dem König ein Zeichen an. Doch der will nicht festgelegt werden, sich nicht dreinreden und von seinen Plänen abbringen lassen.

Jesaja wendet sich ab, ruft dem Volk entgegen, dass Gott sein Heilszeichen nicht schuldig bleiben wird … Allerdings, doch davon haben weder der Prophet noch der König eine Ahnung, wird es Jahrhunderte dauern, bis es eingelöst wird, bis der Retter in Jesus erscheint, der ersehnte Messias kommt, der Friedensfürst in unserer Welt auftritt.

Damit ist aber kein Wort darüber gesagt, dass alles nicht auch hätte anders verlaufen können, hätte sich der König auf das Gotteswort, das ihm der Prophet als Sprachrohr Gottes ausrichtet, eingelassen.

Lieben Sie solche Störungen? Sind Sie bei wichtigen Entscheidungen ansprechbar für „fromme Sprüche“? Bin ich offen für Gottes Wort? Vertraue ich, auch wenn es mir unlogisch und fremd erscheint?

Die Geschichte des Gottesvolkes legt es uns nahe: Vertrauen zahlt sich aus, im gegenwärtigen Fall sogar durch die Katastrophe hindurch.

Springen wir ein paar Jahrhunderte weiter: Maria, daheim in Nazareth. Ein überraschender Besuch stört sie vielleicht bei der Arbeit, berührt sie beim Gebet, lässt sich ihr in einem Augenblick der Stille, des Ausruhens und Nachdenkens spüren …

Sie gewährt dem Gottesboten Zutritt zu ihrem Leben, lässt sich auf ein sehr ernsthaftes Gespräch mit ihm ein, steht plötzlich als Betroffene mitten in einem Plan, den Gott zum Heil der Menschen gesponnen hat - und für den er Maria bittet, ihr Ja-Wort zu geben. Was Maria als gläubige jüdische Frau mit den Menschen ihrer Zeit immer wieder erfleht, worauf sich viele junge jüdische Frauen freuen, Mutter des Messias werden zu dürfen, das ist plötzlich Gegenwart, da ist sie plötzlich mitten drinnen, persönlich angefragt, umworben, gebeten … Glaube und Gebet sind Wirklichkeit, Realität, intensiver geht es gar nicht.

Bedenken wird sie mehr als genug gehabt haben, dem König Ahas durchaus vergleichbar. Wie wird Josef reagieren? Was wird das mit unserer Partnerschaft, meinem Eheversprechen machen? Wie wird meine Umgebung reagieren? Kann und will ich das alles so plötzlich, „nur auf ein Wort hin“, aufs Spiel setzen? Werden die mich nicht für verrückt halten?

Aber sie ringt sich durch. Sie gibt ihr Wort. Sie überwindet ihre eigenen Einwände und vertraut der Zusage, dass Gottes Kraft am Werk ist, sie es nicht allein schaffen muss, sich eigentlich nur „zur Verfügung“ zu stellen braucht. „Eigentlich nur“, - das sind in diesem Zusammenhang komische Wörter, aber aus dem Blickwinkel Gottes wohl die richtigen.

Wie wäre das bei mir? Gottes Ruf berührt mich, legt mir eine Aufgabe ans Herz, macht mir deutlich, dass er mir zutraut, sie zu meistern, der/die Richtige dafür zu sein. Aber sie bringt Veränderung, einen Ortswechsel vielleicht, die Aufgabe vertrauten Tagesablaufs, eines eingespielten Netzwerkes mit sich. Ich spüre, es wäre wichtig, dass ich es tue, dass ich mich bereit erkläre … Stimmen, die den Engel bei mir vertreten, gibt es ebenfalls genug: Dafür bist Du wie geschaffen! Das ist genau das Deine! Aber auch die Einwände sind sehr lebendig: Wieso sollte ich mir das antun? Reden die jetzt nicht nur so freundlich und ermutigend, damit sie mich dazu bringen? Habe ich wirklich den Mut, ganz neu anzufangen?

Maria zeigt uns: Es lohnt sich. Gott lässt uns nicht sitzen und nicht im Regen stehen. Er ist wirklich mit uns, mit mir, und das Projekt ist machbar, nicht aus meiner Kraft, sondern weil da sein Geist in mir wirkt, mich führt und leitet, einbremst und antreibt zugleich.

Schwestern und Brüder! Dieses kleine „Ja“ Marias hat der ganzen Welt Heil gebracht. Ihr Beispiel hat unzähligen Menschen geholfen, zum Anklopfen Gottes im eigenen Leben ebenfalls Ja zu sagen. Der Lebensweg Marias zeigt uns allen auch, dass das Eingehen auf seinen Ruf kein Honigschlecken bedeutet, nicht vor Schwierigkeiten, Kreuz und Leid bewahrt, Fragen nicht erspart und Antwort immer wieder neu gegeben werden muss. Ein Selbstläufer ist das nicht. Aber Maria zeigt uns auch, dass sich „das Risiko lohnt“. Mit Gott Seite an Seite leben, sich an ihm reiben und von ihm stärken lassen, in Kreuz und Leid zusammenbrechen und doch für Ostern bestimmt sein, das ist ein Weg, den zu gehen, sich lohnt.

Heute feiern wir das Ja-Wort Marias zu Gottes Bitte, übermittelt durch den Engel. Heute feiern wir auch das Ja-Wort Gottes zu uns Menschen: Bitte glaubt mir, probiert es aus, gönnt es Euch als Erfahrung: Ich bin da für Euch. Ich bin wirklich der Immanuel. Ich werde Dein Vertrauen in mich nicht enttäuschen. Gott wirbt um uns: Vertraue Dich mir an! Sag Tag für Tag dies: „Ich bin Dein Werkzeug. An mir und durch mich geschehe Dein Wille!“ 

Und schon sind wir Mitspieler, mitten drinnen im Geschehen von Heil und Hoffnung. Wir werden es nicht bereuen. Amen.


Pfr. Albert L. Miorin