Predigtimpuls
Zum hl. Jahr der Barmherzigkeit
Lesung: 1 Kor 11, 17-26;
Antwortpsalm: Ps 34, 12-19 (GL 39)
Evangelium: Lk 12, 22-31
Bei seinem Besuch in den Vereinigen Staaten von Amerika erinnerte Papst Franziskus an drei bedeutende Männer und eine Frau: Abraham Lincoln, Martin Luther King, Thomas Merton und Dorothy Day. (Sie sollte nicht verwechselt werden mit der Schauspielerin Doris Day, die wahrscheinlich vielen Menschen in Deutschland bekannt ist.)
„In diesen Zeiten, in denen soziale Anliegen eine solche Bedeutung haben, darf ich nicht versäumen, die Dienerin Gottes Dorothy Day zu erwähnen, welche die katholische Sozialbewegung Catholic Worker Movement gegründet hat. Ihr soziales Engagement, ihre Leidenschaft für Gerechtigkeit und für die Sache der Unterdrückten waren vom Evangelium, von ihrem Glauben und vom Vorbild der Heiligen inspiriert.“
(Papst Franziskus, aus der Rede vor dem Kongress der USA am 24.09.2015; radiovaticana.va/news/2015/09/24/papstrede_im_kongress/1174329)
Wer war diese Frau, die als Dienerin Gottes bezeichnet werden darf, was eine Vorstufe auf dem Weg zur Seligsprechung ist?
Geboren am 8. Nov. 1897 in New York und dort am 29. November 1980 gestorben. Zwischen diesen beiden Daten liegt ein bewegtes Leben.
Glaube heißt für Dorothy Day nun „Christus in der Kirche“ und „Christus auf der Straße“. Das werden die beiden Pole ihres Lebens. Das Maß für ihren doppelten Einsatz ist die Liebe. Die Liebe zu den Menschen, denen sie mit einer Zeitschrift die Katholische Soziallehre so nahebringen will, dass selbst der Arbeiter und die Hausangestellte es verstehen.
Aus der Zeitschrift „The Catholic Worker“ entsteht zwangsläufig ein Sozialnetz von Häusern der Gastfreundschaft mit Suppenküchen und Kleiderkammern. Dorothy Day setzt ihr ganzes Talent - zu schreiben und zu reden - für diese soziale Bewegung ein. Für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisiert sie Exerzitien und Besinnungstage. Es geht ihr nicht um einfache Sozialhilfe, sondern um ein Handeln aus Überzeugung für Christus, der seinen Jüngern im Abendmahl gesagt hat: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (vgl. Joh 13,34).
Dorothy Day wurde 83 Jahre alt. Sie hat nie den Blick für die anderen verloren, besonders nicht für die Benachteiligten und Randständigen. Sie war überzeugt, dass das Elend beim Namen genannt und bei den Wurzeln erkannt werden muss. Deshalb war sie auch in schwierigen Zeiten eine bekennende und kämpfende Pazifistin. In diesem Sinne hat sie in unseren Tagen einen großen Erfolg gefeiert. Sie war gegen die allgemeine Meinung ihrer Zeit als eine der letzten amerikanischen Journalisten nach Kuba gereist, um Berichte nach Hause zu schicken, die gegen ein Aussperren und Isolieren Kubas durch die USA und gegen ein Verschärfen des Kalten Krieges gerichtet waren. Kuba und sein Regime wurden dennoch zum Feind der Vereinigten Staaten erklärt. Erst nach dem Besuch Papst Franziskus‘ in beiden Ländern fand in den letzten Monaten eine Öffnung statt, so dass heute wieder amerikanische Touristen nach Kuba reisen können.
Dorothy Day war eine große Frau, die das einfache Leben wählte, um in ihren Häusern der Gastfreundschaft und durch ihre Schriften am Reich Gottes zu bauen. Sie wollte nicht, dass sich Menschen gegen Menschen abschotten. Ihr war bewusst, dass Sich-Isolieren kein Schlüssel für eine friedvolle Welt ist, und schon gar nicht der Krieg gegeneinander. Als Maßstab des Handelns wollte sie immer die Liebe, die Menschen und Nationen wieder miteinander sprechen lässt, auch über unterschiedliche Sichtweisen und Wege hinweg.
Dorothy Day lehrt uns, im persönlichen wie im gesellschaftlichen Leben das Wort Jesu ernst zu nehmen, selbst wenn es heute wieder als sperrig und wenig gesellschaftskonform empfunden wird.