7. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Feindesliebe

1. Lesung: Lev 19,1-2.17-18
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Kor 3,16-23
Evangelium: Mt 5,38-48

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn! 

Wir haben gerade ein Evangelium gehört, das uns sehr stark fordert. Machen wir uns nichts vor: Am liebsten würden wir das gerne zur Seite schieben, weil es nicht lebenstauglich ist. So kann man nicht handeln, wenn man am Ende nicht als der große Depp dastehen will. Die Sache hat nur einen Haken: Es ist ein Wort Jesu, das ziemlich genau im Mittelpunkt seiner Predigt steht. Die Feindesliebe ist keine Randerscheinung, sondern eher Zentrum und wichtige Mitte von dem, was er uns sagen will. Und genau damit haben wir umzugehen. Das hat uns zu allen Zeiten gefordert und die Geschichte unserer Kirche zeigt, dass wir es ganz selten geschafft haben. Und schauen wir uns unsere eigene Geschichte an, dann können auch wir nicht wirklich eine Bilanz aufzeigen, in der die Feindesliebe einen wichtigen Platz einnahm oder einnimmt. Das geht Ihnen so, das geht mir ganz genau so! Es ist eine ungeheure Herausforderung; eine Forderung, die uns auch verletzlich und angreifbar macht. Das wollen wir nicht. Einem mich liebenden Menschen liefere ich mich ja noch aus, aber einem, der mir Böses will? Da hört es doch langsam auf. Wie soll ich denn das verkraften? Und dazu möchte ich ihnen eine Geschichte erzählen, die mich seit Jahren nicht loslässt. 

Sie ist passiert und hat meine Einstellung zu dieser Forderung Jesu verändert. Es ist da eine Gruppe von Freunden, zwei schon lange verheiratete Paare und ich. Eigentlich gehören da noch andere dazu, aber die waren an diesem Abend nicht da. Es war ein geselliger, schöner Abend, mit einem sehr guten Essen. Es ist immer so, wenn wir uns treffen, weil alle gut kochen. Plötzlich kam das Gespräch auf einen Konflikt, den die Gastgeberin mit ihrer Schwiegermutter schon seit etlicher Zeit austrägt. Es ging um Kleinigkeiten, eine Hecke, die zu tief geschnitten wurde, was aber höchstes Konfliktpotential darstellte und auch den lange schwelenden Krach so richtig zum Ausbruch brachte. Die Frau wollte sich nicht beruhigen und verkündete uns den endgültigen Bruch mit ihrer Schwiegermutter, die nicht bei uns war. Wir nahmen das betroffen hin. Konnten ihr nur Recht geben. All das, was sie erlebt hatte, konnte nur mit einem endgültigen Schritt beantwortet werden. Ansonsten waren wir sprachlos und es tat uns auch weh, die Konsequenzen zu Ende zu denken. Immerhin lebte da eine Familie auf recht engem Raum und der Bruch war hemmend und peinlich. 

Da meldete sich plötzlich ein Freund zu Wort. Er ist ganz dezidiert erklärter Atheist, will nichts von Religion und schon gar nichts von unserer Kirche wissen. Ich hatte gar nichts gesagt, aber er sagte etwas: „So geht das doch nicht! Ihr müsst euch wieder zusammensetzen und miteinander reden. Ihr könnt doch nicht einfach alles so stehen lassen. Das ist doch das Ende und das darf so nicht sein. Ihr müsst den ersten Schritt machen.“ Ich habe noch nie eine klarere und beschämendere Lehrstunde in Sachen „christlicher Glaube“ bekommen. Und das von meinem Freund, dem Atheisten! Er hat begriffen, dass das Leben manchmal Schritte erfordert, die ungewöhnlich und auch schwierig sind. Aber einen für scheinbar immer gebrochenen Frieden in einer Familie, die eigentlich zusammengehört, zu akzeptieren, kann nicht das sein, was Menschen wollen. Da muss der Kreis der Gewalt, der Antipathie, des Bösen, gebrochen werden, damit man wieder zusammenkommt und miteinander leben kann. Es ist nach der Rede meines Freundes und seinem Kommentar nichts geschehen. Den Mut hatte keiner. Aber letztendlich hat ein Todesfall wieder alle zusammengeführt und dann wurde gesehen und bekannt, dass aller Streit Blödsinn war und man schon viel früher hätte etwas machen müssen und können. Heute ist wieder alles gut und vergeben. 

Ich glaube, dass Jesus genau das meinte: Wenn vermeintliche Feinde sich hochschaukeln, dann ergibt Gewalt nichts als Gewalt. Wenn dieser Kreislauf durchbrochen wird, dann besteht die Hoffnung, Frieden zu schaffen. Sicherlich gibt es Menschen, die das nicht können und immer nur böse sind. Aber das ist ihr Problem! Was vergebe ich mir, wenn ich ihnen verzeihe, ihnen den Frieden anbiete? Sollen sie doch machen, was sie wollen! Jesu Willen ist es, uns Ratschläge an die Hand zu geben, ein Leben in Harmonie und Frieden zu führen. Heil ist doch nur ein altmodisches Wort für gelungenes Leben. Das wollen wir doch alle. Drehen wir uns nicht um die Konflikte und Streitigkeiten unseres Lebens! Schauen wir auf das Schöne! Und räumen das aus, was dem widerspricht … und da ist auch hier und da das gefragt, was wir Feindesliebe nennen.


P. Fabian Conrad SVD