Das Rosenkranzgebet – Hilfe zur Meditation

Rosenkranz

3. Woche

Die Christusgeheimnisse 

Die fünfzehn üblichen Geheimnisse des Rosenkranzes lassen uns die Existenz unseres Herrn Jesus Christus mit ihren wesentlichen Fakten betrachten und dabei die großen Taten Gottes sehen. Gottes Sohn, der Gott ist von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott, der Sohn des ewigen Vaters, Licht vom Licht, eines Wesens mit dem Vater, nimmt zu seiner göttlichen Existenz unsere menschliche Existenz an. Was in unseren Augen ein erschreckendes Herabsteigen bedeutet. Gottes Platz ist oben, da Gott alles Geschaffene an Wert, Würde und Macht unendlich überragt. Die Liebe und der Heilige in Person ist. Unser Platz ist demnach tief unten, und zu uns unten kommt in unserer Gestalt, der Knechtsgestalt, Gottes Sohn, „des ewigen Vaters einig Kind“. „Gott unfassbar, Gott im Licht neigt zur Welt sein Angesicht, ihre Not zu lindem“ (im alten GL Nr. 130 und 137). 

Die Zeichen, die die Geburt des Herrn begleiten und ihr folgen, künden an, wer da geboren wurde und wozu. Durch Jesus, den Christus, beruft Gott die Armen und die Sünder (Hirten); er wirkt über sein besonderes Eigentumsvolk hinaus und holt auch die Heiden in das Vaterhaus Gottes (Magier aus dem Orient). Christus wird Lim Opferlamm für alle, zu der Opfergabe, die als einzige vollkommen und ganz Gott gemäß ist. Er leidet die Gottferne und Sündhaftigkeit der Menschen, erleidet ihre Gottverlassenheit und völlige Hilflosigkeit, erfährt das Grauen der Sünde bis zum Äußersten und setzt sich ihrer furchtbaren, todbringenden Macht so schutzlos aus, dass sie ihn verschlingt, ihn tötet und ins Grab bringt. Da aber erweist sich Gott als das Leben selbst, das den Tod vernichtet und die Seinen aus dessen Krallen befreit. Hoffnung steht in unserem Leben; es wird offen für die große Zukunft bei Gott. Wir erkennen das Ziel, den Sinn unseres Lebens, Maria gibt uns die Antwort auf unsere Sinnfragen, und diese Antwort ist Christus selbst. Der vor Todesangst Blut schwitzende, der gegeißelte, mit Domen gekrönte, sein Kreuz schleppende und ans Kreuz geschlagene Herr ist für alle Zeiten das Bild des Menschen schlechthin. Unsere Angst erleidet er, unser Kreuz schleppt er, unseren Tod stirbt er, tut dies alles für uns, um unser selbstverschuldetes Schicksal zu wenden, uns aus der Sackgasse der Sünde zu holen und den Weg des Lebens zu führen. So ist der leidende Herr die lebendige Antwort auf jedes „Warum?“ Warum gibt es das Leiden in der Welt? Vor dem gekreuzigten Herrn verstummen alle Fragen dieser Art. Der Hass schafft das Leiden; denn er ist das Nein zu allem, was ist. Die Liebe erduldet das Leiden und überwindet damit den Hass, wandelt ihn um in Liebe, soweit er sich noch nicht für immer verhärtet hat. Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Liebe, da verbindet der Glaube alle Gläubigen miteinander und zugleich mit dem Herrn und dem Vater im Himmel. Gottes Geist schafft in uns die gleiche Gesinnung wie in Christus, der doch das Ja Gottes zu uns und zur Welt ist. „Komm, Heil´ger Geist, der Leben schafft, erfülle uns mit deiner Kraft…“, damit wir imstande sind, wie Paulus das Todesleiden Christi an uns zu tragen und auf uns zu nehmen, was von den Leiden Christi noch aussteht, damit wir auch mit Christus leben und zum Leben unserer Schwestern und Brüder beitragen, ja dass wir selbst in das Bild des Sohnes verwandelt werden; denn wenn der Geist in uns wirkt, dann ist in uns leidenden Menschen nicht bloß der leidende Christus zu erkennen. Vielmehr gilt, was Paulus sagt: Wir spiegeln „die Herrlichkeit des Herrn und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn“ (2 Kor 3,18). 


Pfr. Alfons Bungert - [Anmerkung der Redaktion: Die von Pfr. Bungert verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1985; S. 491-494]