Humor

Das Lachen wurde selten.

Es kommt vor bei Politikern nach Wahlen, vor-ausgesetzt sie haben sie gewonnen, oder bei den Anlässen, die auf Videos oder Fotos festgehalten werden. Sonst ist das Lachen meist auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt: Auf Models, Fernsehansagerinnen und Stewardessen, die manchmal sogar über ihre Dienstzeit hinaus lächeln, denn Weinen wäre ein Entlassungsgrund. Das Lächeln gehört bei ihnen so sehr zu ihrem Gesicht, dass es sich nicht mehr herausradieren ließe.
Die meisten Zeitgenossen kommen ein Leben lang ohne Humor aus. Die Kultusministerien müssen ihn nicht untersagen, weil weder Lehrer noch Schüler ein Interesse daran haben, und die Angestellten wissen, dass er nur gegen Widerstände durchzusetzen wäre. An den Urlaubsorten ist Humor nirgendwo gefragt, weil die Leute sich erholen möchten. Die Kabarettisten wissen oft nicht viel damit anzufangen und nehmen deshalb die menschlichen Schwächen mit so beißender Ironie aufs Korn, dass den Leuten das Lachen vergeht. Und die Psychotherapeuten, die wissen müssten, dass Humor eine heilsame Wirkung hat, verlassen sich beim Therapieren lieber auf das tiefschürfende Gespräch.
Der Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos fürchtete einst, Lachen und spaßige Reden könnten zur Sünde führen. Viele lachen heute nicht, weil sie an ihrem Wohlstand leiden, und weil das Leben für sie eine viel zu ernste Sache ist. Wer jedoch nicht lachen kann, den sollte man auch nicht ernst nehmen.


Walter Rupp, SJ