Herostratos

Herostratos aus Ephesus, der bekannteste Pyromane des Altertums, steckte 356 vor Christus den Artemis-Tempel in Brand.

Herostratos aus Ephesus, der bekannteste Pyromane des Altertums, steckte 356 vor Christus den Artemis-Tempel in Brand. Er hatte das Verlangen, berühmt zu werden, und wurde durch das Niederbrennen berühmt. Während der Erbauer des Artemis-Tempels in Vergessenheit geriet, ging sein Name in die Geschichte ein, weil die Geschichtsschreiber sich mehr für Brandstifter interessieren, für die, die in Länder einfielen, Menschen unterdrückten, Schätze raubten und Kulturen zerstörten als für Erbauer, Wohltäter, Künstler, Entdecker und Erfinder. 

Wir Menschen scheinen eine fatale Eigenschaft geerbt zu haben: dass wir das Böse faszinierend finden, uns aber bei der Schilderung guter Taten langweilen. Auch die Anständigen, die Untaten verabscheuen und ein ordentliches Leben führen, greifen lieber zu Kriminalromanen als zu einer Heiligenbiographie. Wir alle sind gegen Unmoral, möchten aber etwas Spaß an unmoralischen Geschichten haben. Natürlich sind wir gegen die Gesetzesbrecher, aber wir sehen nicht ein, weshalb wir uns nicht für Ganoven und ihre Gaunereien interessieren sollen? Wir möchten über den, der eine Bank oder ein Juweliergeschäft überfiel, alles erfahren: seine Motive; die Pläne, die er schmiedete; die Verhältnisse, aus denen er stammt; wie es ihm gelang, sich der Verfolgung der Polizei zu entziehen; wie hoch die erbeutete Summe war und was er mit der Beute machte. Noch immer gilt: Der Weg zum Ruhm ist auf krummen Wegen kurz, auf geraden Wegen aber lang, sehr lang sogar.


Walter Rupp, SJ