Skeptiker

Viele Skeptiker sind Opfer ihrer Umwelt.

Skeptiker sehen die Wahrheit als Fata Morgana. Vertrauen ist in ihren Augen Leichtsinn. In jedem menschlichen Gedanken steckt für sie verkappt der Irrtum, hinter jeder Äußerung vermuten sie bewusste oder unbewusste Täuschung. Aussagen, die Anspruch auf Gültigkeit erheben, Punkte am Ende eines Satzes, Ausrufezeichen gar, werden sie nach Kräften meiden. Sie schließen ihre Sätze mit dem Fragezeichen.

Viele Skeptiker sind Opfer ihrer Umwelt. Den widersprechendsten Ansichten ausgesetzt, wurden sie zwischen den vielen „Für“ und „Wider“ aufgerieben. Weil sie oft betrogen wurden, fühlen sie sich immer hintergangen, und schirmen sich gegen jeden Einfluss ab. Mancher wird zum Zweifler, weil er nach zwingenden Beweisen sucht, und die Wahrheit nur frei von jedem Makel anerkennen und sich damit nicht abfinden will, dass alles Erkennen nur Stückwerk ist.

Mancher treibt mit dem Zweifel ein unlauteres Spiel, indem er nach Gründen Ausschau hält, die scharfsinnig und durchdacht erscheinen, doch weiter nichts als kunstvoll ersonnene Vorwände sind. Der ständige Flirt mit Spitzfindigkeiten und das unernste Kokettieren mit dem Zweifel hat manchen Zweifler schon so abhängig gemacht, dass er zwanghaft alles in Frage stellen muss, sich selbst natürlich ausgenommen. Eine Entwöhnungskur wird da nichts ausrichten.

In uns allen steckt ein kleiner Skeptiker, ein Zauderer, der uns bei allem was wir denken, die andere Möglichkeit vor Augen hält; der bei jedem Credo, das wir sprechen, einschränkend ein „Vielleicht“ beifügt. Solange er zur Vorsicht mahnt, sollten wir ihn gewähren lassen. Wenn er uns jedoch dem Glauben an die Wahrheit rauben will, sollten wir ihn zum Schweigen bringen.


Walter Rupp, SJ