Ratschläge

Wir alle sind in das Leben eingetreten und haben keine Gebrauchsanweisung mitbekommen wie man es gestaltet.

Wir alle sind in das Leben eingetreten und haben keine Gebrauchsanweisung mitbekommen wie man es gestaltet. Wenn ich jemand einen Rat geben sollte, würde ich ihm vier Ratschläge geben: 

  1. Habe keine Angst vor Ängsten und fliehe nicht vor ihnen, denn sie fliehen mit. Besser ist, sie aus ihrem Versteck zu holen und ans Licht zu zerren. Dann wird man sehen, dass sie keine übermächtigen Gestalten, sondern schwache Wesen sind, die den ermutigenden Zuspruch brauchen.

  2. Versuche nie, Tage zu verlängern, indem Du die Nächte kürzt. Wenn die Zeit am Tage knapp geworden ist, sollte man sich nie Zeit von der Nacht holen, denn die Nächte brauchen ihre Zeit für sich. In den Nächten muss viel Aufräumarbeit geschehen: Bis zum Morgen sollen die durcheinander geratenen Gedanken und die nervös gewordene Gefühle wieder zur Ruhe kommen und trübe Erinnerungen und aufgestauter Ärger beiseite geräumt sein.

  3. Nimm Probleme nie zu gesellschaftlichen Veranstaltungen, ins Wochenen-de oder zu Gruppengesprächen mit, um sie vor anderen auszubreiten. So wird man sie nicht los. Wer seine Probleme mit den Problemen anderer vergleicht, gerät in Gefahr, dass er auch noch die Probleme der anderen mit¬nimmt. Man sollte seine Seele – so wenig wie den Leib - von ungewaschenen Händen betatschen lassen und auf Hygiene achten. 

  4. Unterdrücke Zweifel nicht, sie sind kein Grund, nervös zu werden. Sie lassen sich immer nur mit Menschen ein, die etwas gern in Frage stellen. Sie zwingen dazu, über andere Möglichkeiten nachzudenken und kratzen an Fassaden, bis der Putz abfällt. Zweifel räumen das weg, was die Wahrheit verdeckt und helfen dem, der klarer sehen möchte, klarer zu sehen. Wenn man sie gewähren lässt, kommt etwas Gutes dabei heraus.


P. Walter Rupp, SJ