Essen

Es gibt die, bei denen das Essen eine zentrale Bedeutung in ihrem Leben hat

Wenn die Pharmaindustrie eines Tages eine Pille auf den Markt brächte, die genau die Nährstoffe enthält, die ein Mensch braucht, um fit zu bleiben, wäre das keine gute Erfindung und kein Fortschritt. Sie würde sich nicht durchsetzen, diese Fitmacherpillen könnten noch so schmackhaft sein. Die Zeit wird hoffentlich nie kommen, wo die Menschen nur noch Fitmacherpillen schlucken. 

Ohne Zweifel ist der Zeitaufwand enorm, den der Mensch täglich für das Zubereiten und das Einnehmen seiner Nahrung aufbringt. Was könnte er an Zeit einsparen, wenn er keine Nahrungsmittel aussuchen, einkaufen und für seine Mahlzeiten zubereiten müsste? Wie viel Zeit könnte man gewinnen, wenn es das Frühstück, das Mittag- und das Abendessen nicht gäbe? Wenn die Einladungen zu den diversen Festessen nicht wären? Wenn man mit anderen nicht am Tisch zusammensitzen und lange und oft langweilige Tischgespräche führen müsste? 

Es gibt die, bei denen das Essen eine zentrale Bedeutung in ihrem Leben hat und es gibt Familien, bei denen man den Eindruck hat, dass sie mittags Tankstelle und abends Garage sind, dass Essen bei ihnen zu den Nebensächlichkeiten gehört, die man im Vorübergehen erledigt. Den Schnellimbiss, das Abspeisen, gibt es nicht nur in Kantinen. Er wurde weithin zum Essensersatz.

Essen ist mehr als nur ein Volltanken des Organismus, damit er wieder funktioniert. Es geht um mehr als nur um die Befriedigung vegetativer Bedürfnisse, um mehr als nur um die Gesunderhaltung des Leibes. Essen darf deshalb nicht zur bloßen Nahrungsaufnahme verkommen. Auch die Seele will mitessen: Sie will sehen, riechen, schmecken und genießen und sie verlangt nach dem Gespräch. Der Mensch, dem die Essenskultur nichts bedeutet, wird sich bald in seiner Haut nicht mehr wohl fühlen.


P. Walter Rupp, SJ