Autodidakt

Hut ab vor den Autodidakten, die es - dank ihres eisernen Willens - schafften, sich – oft nebenbei - ein erstaunliches Maß an Bildung und Wissen anzueignen.

Hut ab vor den Autodidakten, die es - dank ihres eisernen Willens - schafften, sich – oft nebenbei - ein erstaunliches Maß an Bildung und Wissen anzueignen. Es ist eine Leistung, die Respekt verdient. Dieser Weg, allein auf sich gestellt, ohne Hilfe eines Lehrers, birgt jedoch die Gefahr in sich: dass man sich im Stoff verirrt, den Überblick, den ein Lehrer geben kann, nicht gewinnt und alles zu sehr aus seinem Blickwinkel heraus sieht, ja Mühe hat, die Quellen zu finden, aus denen man schöpfen kann. 

Der Kirchenlehrer Franz von Sales meinte: „Wer sich selbst zum Lehrer hat, hat einen Esel zum Lehrer.“ Jeder hat eben nur einen eingeengten Horizont. Wir brauchen die Ergänzung durch den anderen. Alle neuen Erkenntnisse knüpfen an alte Erkenntnisse an. Auch die Wissenschaft profitiert von der Vorarbeit früherer Forscher. Wer sich immer nur auf die eigenen Erfahrungen stützt, bleibt in seiner Ideenwelt gefangen. Jeder – wäre er auch ein Universalgelehrter – braucht die Ergänzung und die Korrektur, damit er sich nicht verirrt. Nur so kann er seinen Erkenntnishorizont erweitern.

Unterrichten heißt: nicht bloß Wissen vermitteln, sondern auch, es ordnen, sichten und gewichten. Aufgabe eines Lehrers ist es auch, verborgene Talente aufzuspüren und das Gebiet zu entdecken, auf dem ein Schüler vielleicht sogar seinem Lehrer einmal überlegen ist. Und er sollte nicht vergessen, in einem Schüler das Verlangen zu wecken, dass er dann, wenn er in einem Gebiet Meister geworden ist, in einem neuen Gebiet wieder Schüler werden möchte.


P. Walter Rupp, SJ