Demokratie

Bei seiner Stimmabgabe legt ein Wähler seine Stimme in die Urne.

Bei seiner Stimmabgabe legt ein Wähler seine Stimme in die Urne. Dort verschwindet sie. Sie wird nur noch einmal beim Auszählen gebraucht und dann nie wieder. Der Schriftsteller Hellmut Walters bemerkt dazu kurz und nüchtern: „Wer bei der Wahl seine Stimme abgibt, darf sich nicht wundern, wenn er nachher nichts mehr zum Reden hat.“ Er hat ja mit dem Ankreuzen seine Stimme weggegeben. Einfordern kann er nichts. Auf dem Stimmzettel stehen ja keine Bedingungen, nur Namen. Er schenkt sein Vertrauen einer Person, von der er glaubt, dass sie Vertrauen verdient. 

Ein Mandatsträger hat einen fest umschriebenen Auftrag: für die zu sprechen, die ihm sein Mandat gegeben haben. Er sollte deshalb alles daran setzen, herauszufinden, was sie denken, wünschen und von ihm erwarten. Weil Wähler jedoch oft zu viel oder was nicht machbar ist, wollen, steht er oft vor dem Problem, ob er sich für deren Wünsche einsetzen, oder versuchen soll, seine Ideen und Vorstellungen durchzusetzen. 

Friedrich Dürrenmatt, der die demokratischen Gesellschaften mit Wolfsrudeln vergleicht, meint: „Führen die Leitwölfe das Uns gemeinsam, ergibt sich eine demokratische Wolfsgemeinschaft, werden die Einzelwölfe von einem Hauptwolf oder einer Clique von Leitwölfen beherrscht, entsteht eine Wolfsdiktatur.“

Eine Mitbestimmung aller ist nicht möglich. Es muss, damit eine Gesellschaft kein Rudel wird, Leitwölfe geben. Aber sie sollten verstehen, dass sie und die Einzelwölfe zusammen gehören.


P. Walter Rupp, SJ