Lärm

Für manchen ist der Lärm ein Schutzschild gegen seine Ängste oder Sorgen

In den früheren Zeiten erzeugten die Menschen Lärm, weil sie abergläubisch waren. Sie lärmten, weil sie meinten, sie könnten die bösen Geister mit Lärm von ihren Häusern fernhalten. Wir Heutigen sind nicht abergläubisch und glauben nicht an böse Geister. Wir hätten deshalb keinen Grund zu lärmen. Aber weshalb lärmen wir? Vor wem möchten wir uns schützen? Und wen möchten wir vertreiben? 

Die Welt von heute wurde laut, so laut wie nie zuvor! Wir haben mit unseren technischen Erfindungen: mit Rasenmähern, Fahrzeugen, Düsenjets, Schweißbrennern, Schlagbohrern, Kettensägen und Beschallungsanlagen den Geräuschpegel angehoben und unsere Umwelt bis zur Schmerzgrenze laut gemacht. Mancher hat sich an diese Lärmkulisse so gewöhnt, dass er, wenn es einmal still um ihn herum wird, sich einen Walkman in die Ohren stopft, damit er die Stille nicht ertragen muss. Er scheint Stille mehr zu fürchten als den Lärm. 

Für manchen ist der Lärm ein Schutzschild gegen seine Ängste oder Sorgen, oft auch gegen Erinnerungen, die er fernhalten möchte, und nicht selten gegen das Nachdenken-Müssen: ob man nicht andere Entscheidungen treffen oder sein Leben nicht anders gestalten sollte. Lärm ist für manchen ein Betäubungsmittel, mit dem man lästige Gedanken vertreiben oder unterdrücken kann. Lärm macht krank: er übertönt zudem die Stimme des Gewissens und verhindert, dass ich zu mir komme. Nur die Stille zwingt mich dazu, dass ich mich mit den Fragen auseinandersetze, die ich an mich stellen sollte. 


P. Walter Rupp, SJ