Gottesbeweise

Gott ist ein Thema, mit dem sich nicht nur Gläubige, sondern auch Ungläubige befassen

Gott ist ein Thema, mit dem sich nicht nur Gläubige, sondern auch Ungläubige befassen, ein Thema, das ihnen manche Schwierigkeit bereitet: wie sie sich ihn vorstellen sollen? Was er mit der Welt und mit dem Menschen vorhat? Und ob ihm überhaupt etwas daran liegt, mit seinen Geschöpfen in Kontakt zu kommen? Vor allem beunruhigt sie die Frage, ob seine Existenz ausreichend gesichert ist, weil doch viele Gründe - wie sie meinen - gegen ihn sprechen: die Tatsache, dass er sich nie sehen lässt; dass Naturgesetze nicht immer zuverlässig funktionieren; dass oft Unschuldige leiden müssen und Ganoven häufig Erfolge haben, und dass bei Umfragen manchmal angesehene Wissenschaftler oder namhafte Künstler sich gegen sein Dasein aussprechen. Mancher unter ihnen fürchtet, dass Gott sich jede Untat merkt und sich schon jetzt auf den Jüngsten Tag freut, wo er endlich allen alles heimzahlen kann. 

Es gab einmal eine Zeit, wo man Wert auf Gottesbeweise legte, und die Theologen der Meinung waren, man könne damit Ungläubige in die Enge treiben oder gar zum Glauben zwingen; und die Ungläubigen eifrig nach Argumenten suchten, ihre Einwände 'wissenschaftlich' zu begründen. Beide, Gläubige und Ungläubige, mühten sich nach Kräften zu beweisen, dass die eigenen Argumente logisch zwingend, und die des anderen unhaltbar sind, und dass die Wissenschaft auf ihrer Seite steht.

Braucht man, Beweise, um an Gott glauben zu können? Natürlich kann man für sein Dasein wie für sein Nichtsein Gründe finden, wie dafür, dass das Leben sinnvoll oder nicht sinnvoll ist. Aber wer lässt sich denn erst den Sinn des Lebens nachweisen, ehe er zu leben beginnt? Niemand darf sich Gott verschließen, bis man ihm die Beweise für sein Dasein geliefert hat. Der Mensch gleicht einem Schatzsucher. Er sollte sich nicht auf den Standpunkt stellen, man müsse ihm erst, bevor er aufbricht, beweisen, ob es den Schatz (Gott) überhaupt gibt und ob es sich lohnt, ihn auszugraben. Jeder muss in seinem eigenen Interesse ein Interesse daran haben, diesen Schatz zu finden.


P. Walter Rupp, SJ