Gott

Man sollte Gott weder auf eine Leinwand heften noch auf eine Bühne schicken, weil dieser Versuch noch nie gelang.

Man sollte Gott weder auf eine Leinwand heften noch auf eine Bühne schicken, weil dieser Versuch noch nie gelang. Schauspieler können ihn nur als Karikatur darstellen. In Ernst Barlachs „Sündflut“ humpelt Gott als Bettler auf zwei Krücken. Goethe lässt ihn in seinem „Faust“ wie eine griechische Gottheit und Gustaf Gründgens als Theaterdirektor auftreten. In dem in Essen aufgeführten Musical „die Erschaffung der Welt“ ist Gott ein Rocker, im Kölner Stück „der Abend aller Tage“ ein Trottel. Und beim 21. Jüdischen Filmfestival in Berlin, steht Gott als Angeklagter auf der Bühne. Die Häftlinge eines Vernichtungs-lagers haben Gott - wie Überlebende berichten - den Prozess gemacht und ihm, weil er dazu selbst nicht in der Lage ist, einen Verteidiger beigegeben. Die Anklage lautete: der Höchste habe den Bund gebrochen, den er mit dem Volke Israel einst geschlossen hat. 

Wer Gott in eine Rolle fürs Theater zwingt, knetet aus einer Rippe Adams eine ihm ähnliche Gestalt. Er demütigt Gott und macht ihn klein. Am Ende kommt eine dem Menschen unterlegene Gestalt, eine Karikatur heraus. Wir können den verborgenen Gott nicht sichtbar machen und nicht darstellen, weil er ein undurchdringliches Geheimnis ist. Wir können höchstens seine Stimme hören, weil er nicht stumm geblieben ist und in der Bibel oder im Gewissen zu uns redet. Aber der Mensch wird ihn nur verstehen, wenn er die Unterscheidungs-gabe besitzt, seine Stimme aus dem Stimmengewirr um uns herum, herauszuhören.


P. Walter Rupp, SJ