Der Dialog

„Keiner weiß so viel, wie wir alle zusammen“.

Der Dialog gilt heute als das wirksame Konflikt-Lösungsmittel, das Missverständnisse zurechtrückt, Vorurteile ausmerzt und Meinungsverschiedenheiten beseitigt, sodass am Ende Einigkeit herauskommt. Mit diesem Konflikt-Lösungsmittel im Gepäck, reisen heute Fachleute zu Kongressen, Kirchenmänner zu Ökumene-Treffen und Regierungschefs zu Konferenzen. 

Oft vergessen sie dabei, eine Meinung mitzubringen, weil sie darauf vertrauen, dass eine Meinung entsteht, wenn man miteinander redet. Aber öfter bringen sie statt überzeugende Argumente, eine Keule mit, die sie für wirksamer halten. Dann wird aus einem Dialog ein Monolog zu zweit. Wenn jeder nur einen fest zementierten Standpunkt vertritt, von dem er keinen Zentimeter weicht, kommt nie ein Dialog zustande. Ein Dialog ist eine anspruchsvolle Sache, wenn etwas dabei herauskommen soll. Man muss hören können, aber auch etwas zu sagen haben, und ehe man etwas sagt, seine Argumente prüfen. 

„Keiner weiß so viel, wie wir alle zusammen“. Jeder gewinnt im Laufe seines Lebens andere Erkenntnisse hinzu. Durch den Gedankenaustausch werden wir bereichert. Auch die unbequemen und nicht gern gehörten Wahrheiten besitzen ihren Wert. Auch von einem Gegner kann man lernen. Kaum eine Ansicht ist total und hoffnungslos verkehrt. Auch Andersdenkende haben uns - wenn sie wirklich denken - etwas zu sagen. Forderten sie von uns auch nur, dass wir unsere Gedanken noch einmal gründlich überdenken, sonst weiter nichts - es wäre viel.


P. Walter Rupp, SJ