Irrtümer

Irrtümer sterben niemals aus, auch in den Zeiten nicht

Irrtümer sterben niemals aus, auch in den Zeiten nicht, in denen die Menschen ein hohes Bildungsniveau erreichten. Wenn heute einer zum Beispiel daranginge, die Unrichtigkeiten oder Fehldeutungen in unserer Berichterstattung zu entdecken, er wäre überrascht, wie groß die Zahl der Fehler ist, die auch modernen Informationssystemen unterlaufen. Der Mensch kann sich vor Irrtümern nur schlecht schützen. Nicht einmal Gelehrsamkeit und Intelligenz sind eine Garantie.  

Der große Philosoph Aristoteles zum Beispiel war der Überzeugung, dass Insekten aus dem Schlamm entstehen. Und der schon zu seiner Zeit hoch geachtete Kant ordnete an, dass man sein Schlafzimmer stets verdunkelt halte. Sein Diener Wasianski hatte peinlich darauf zu achten, dass die Läden und Fenster immer geschlossen blieben und keine frische Luft eindrang. Denn Kant glaubte fest, dass die Wanzen, die ihn oft in seinem Schlaf störten, durch Sonnenlicht entstehen und ausgetilgt werden können, wenn man in ein Zimmer kein Sonnenlicht eindringen lässt. Von dieser Auffassung war er bis zu seinem Lebensende nicht abzubringen. 

Auch so mancher nüchterne Naturwissenschaftler erlag dem Irrtum. Noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts waren nicht wenige Physiker überzeugt, dass das Spalten von Atomen niemals möglich sei. Und der Glaube an Hellseherei oder an den Einfluss der Sterne auf das Schicksal dürfte in den aufgeklärten Gesellschaften nicht weniger verbreitet sein als unter den primitiven Naturvölkern. Kann man sich, und wie kann man sich gegen den Irrtum schützen? –  

Das sicherste Mittel war noch immer die gesunde Skepsis. Man sollte Behauptungen - auch solche, die als wissenschaftlich erhärtet gelten - in Frage stellen und Begründungen einfordern.


P. Walter Rupp, SJ