Worte

Warum nach den großen Worten greifen, wenn ein einfacher Begriff genügt?

Warum nach den großen Worten greifen, wenn ein einfacher Begriff genügt? Man schlüpft doch auch nicht in zu große Schuhe und in ein zu weites Gewand. Wer kam bloß auf die Idee, das, was man bislang im Fußball Taktik nannte, Fußball- Philosophie zu nennen? Philosophieren heißt doch: nach der Wahrheit suchen und nach der Antwort auf die letzten Menschheitsfragen. Das Ballhalten, die schnellen Konter, die Viererkette oder das Vier-zwei-vier-System haben mit Philosophieren nichts gemein. 

Und warum redet man statt von "Unternehmens-Konzepten", was zutreffender wäre, von „Unternehmensethik"? In der Ethik geht es um weit mehr als nur um die innerbetriebliche Harmonie und Fragen der Ökonomie, sondern um die Maßstäbe und Werte, die jede Gesellschaft akzeptieren sollte. Es wäre unangebracht, von einer Siemens-, einer VW- oder einer Hertie-Ethik zu reden. 

Weshalb ist der Begriff “Streitkultur" vonnöten, wenn eine Auseinandersetzung fair verläuft? Oder ist das ordnungsgemäße Verhalten im Straßenverkehr auch schon .Straßenverkehrskultur"? Sollte man nicht auch das Wort "sozial" sparsamer gebrauchen? Denn der, der sich für Gerechtigkeit und Integration ausspricht und die hohen Arbeitslosenzahlen oder Abfindungen der Bosse kritisiert, ist es noch nicht, solange seinen Worten keine Taten folgen. Ich plädiere für eine bescheidenere Ausdrucksweise, weil es nicht möglich ist, das, was klein ist, mit großen Worten aufzuwerten. Man macht auf diese Weise nur das Große klein. 


P. Walter Rupp, SJ