Die Lebensalter

Zwischen den Entwicklungsstufen, wie sie jedes Individuum erlebt, und der Entwicklungsgeschichte der Menschheit gibt es viele Parallelen.

Zwischen den Entwicklungsstufen, wie sie jedes Individuum erlebt, und der Entwicklungsgeschichte der Menschheit gibt es viele Parallelen. In seiner Kindheit gleicht der Mensch dem Neandertaler. Da fühlt er sich draußen bedroht und in einer Höhle wohler als im Licht. Da liebt er das Dunkel, wo er von Untieren, Göttern und Dämonen träumen und seine Phantasiegebilde in eine Felswand kritzeln kann. Solange er Kind ist, sucht er Geborgenheit und Schutz. 

In seiner Jugendzeit gleicht der Mensch den Sammlern und den Jägern, die zur Jagd aufbrechen und den Kampf aufnehmen mit den wilden Tieren und Beute machen möchten. Da verspürt der Jugendliche mit einem Mal einen unwiderstehlichen Drang nach draußen, um seine Kräfte zu erproben. Da reizen ihn die Gefahren und die Abenteuer, da regen sich Neugier und Erlebnishunger. 

Im Erwachsenenalter wird der Mensch, des Umherschweifens und Sammelns müde, zum Acker- und zum Städtebauer. In dieser Phase seines Lebens mag er nicht mehr von einem Tag auf den anderen hin leben. Da sehnt er sich nach Beständigkeit. Da möchte alles, was er für wertvoll hält, festhalten. Er baut und pflanzt in der Hoffnung, dass es ihn überlebt.

Im letzten Abschnitt seines Lebens verliert der Mensch mehr und mehr den Spaß an dem, was er geschaffen oder erworben hat. Da schaut er nicht mehr so fasziniert auf die Welt und das, was sie zu bieten hat, sondern interessiert sich auf einmal für Fragen, die ihn bislang nicht interessierten. Er wird er zum Philosophen: er verspürt das Verlangen, hinter die Dinge zu blicken und entdeckt, dass es noch viel zu entdecken gibt und er eigentlich noch kaum etwas begriffen hat.


P. Walter Rupp, SJ