Entscheidungen

Im Leben können wir uns nicht - wie im Straßenverkehr - auf Schilder stützen

Es ist gar nicht so einfach, eine Antwort darauf zu geben, wodurch der größere Schaden entsteht: durch Zögern oder durch Übereilung? Sicher ist, dass durch Entschlusslosigkeit und Hinausschieben längst fälliger Entscheidungen Probleme größer werden und sich schließlich anhäufen, bis sie am Ende unentwirrbar sind. Mit Übereilung richten wir allerdings nicht weniger Schaden an: mit den schnellen Urteilen nach einem vagen Eindruck oder einer fragwürdigen Information, mit den emotionalen Reaktionen, die von einer Enttäuschung oder Verärgerung verursacht sind. In die Handlungen, denen nicht auch sorgsam angestellte Überlegungen vor-ausgegangen sind, schleichen sich zu viele Fehler ein. 

Im Leben können wir uns nicht - wie im Straßenverkehr - auf Schilder stützen, die für die Entscheidungen, die wir fällen müssen, Richtgeschwindigkeiten oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigen. Es gibt Entscheidungen, für die man sich Zeit lassen darf, die viel Zeit zum Reifen brauchen, auch solche, die man liegen lassen darf, weil sie sich von selbst erledigen. Und es gibt Entscheidungen, die keinen Aufschub dulden, vor allem dann, wenn man sich in Gefahr befindet oder einem Menschen schnell zu Hilfe kommen soll. 

Jeder ist bei seinem Handeln allein auf sich gestellt und muss sich ganz auf sein Gespür verlassen. Aber er sollte es pflegen, damit er wie der Musiker die richtigen Tempi beherrscht und weiß, wann er das Tempo anziehen oder verlangsamen soll.


P. Walter Rupp, SJ