Freizeit

Wenn wir nicht wachsam sind, könnte zudem bald aus der Arbeitsplage eine Freizeitfolter werden.

Bald haben wir‘s geschafft, den Fluch, der seit der Vertreibung aus dem Paradies auf der Arbeit lag, von ihr zu nehmen. Wir konnten die Arbeitszeiten gesetzlich regeln und die Arbeit angenehmer machen, aber ganz vertreiben konnten wir den Fluch nicht. Er liegt jetzt auf dem Nicht-Arbeiten-Dürfen: Arbeitslos sein und nicht mehr gebraucht werden, nagt am Selbstwertgefühl. Es deprimiert und nimmt die Lebensfreude.

Wenn wir nicht wachsam sind, könnte zudem bald aus der Arbeitsplage eine Freizeitfolter werden. Schon verbringen mehr und mehr Urlauber ihre Freizeit im Schweiße ihres Angesichtes. Sie auferlegen sich, um fit zu sein und mithalten zu können, ein anspruchsvolles und schweißtreibendes Programm: Jogging, Trekking oder Nordic Walking. Sie radwandern oder mountainbiken, unterziehen sich der Massage und Gymnastik und besuchen Saunas, Abenteuersafaris, Beautyfarms, Wellness-Bäder oder Streichelzoos, alles, was an gesundheits- oder fitnessfördernden Angeboten zu haben ist. Das Leistungsdenken drängt sich in die Freizeit und duldet nicht, dass sich einer nur erholt und nur entspannt. 

Man muss, um erholt zu sein, weder Trimm-Dich-Übungen absolvieren noch Abenteuer bestehen; auch nicht die als lesenswert empfohlenen Bücher gelesen oder die in Kunstführern als sehenswert deklarierten Stätten besucht haben. Am erholsamsten ist noch immer: wenn man sich einmal dem Muss, das uns das ganze Jahr hindurch tyrannisiert, nicht unterwirft, einmal die Zeit nicht verplant, und seinen Launen das aus der Reihe-Tanzen gönnt.


P. Walter Rupp, SJ