Büchereien

Bücher muss man entdecken.

Die vielen Bücher, die in den Buchhandlungen und Bibliotheken oft Monate lang gelangweilt herum stehen und auf einen Entleiher warten, blicken gewiss neidisch auf die Bestseller, Liebesromane, Abenteuerbücher oder Krimis, die viel herumkommen. Manche Klassiker, Romane oder Lyrikbände, die einst begehrt und hoch angesehen waren, aber heute erleben, wie die Leute achtlos an ihnen vorübergehen, müssen sich ungeliebt vorkommen und fragen, warum sie überhaupt geschrieben wurden. Es bleibt wohl nicht aus, dass sie mit Depressionen und Zweifeln an ihrer Existenzberechtigung zweifeln, weil das Missachtet-werden an ihrem Selbstbewusstsein kratzt. 

Man mag den nicht ausgeliehenen Büchern noch so oft versichern, dass die am häufigsten ausgeliehenen Bücher nicht immer die wertvollsten, und die wenig ausgeliehenen deswegen nicht die wertlosen Bücher sind, sie müssen leider mit ansehen, dass auch die Leser dazu neigen, nach den viel begehrten Büchern zu greifen. 

Bücher muss man entdecken. Und wie entdeckt man sie? Indem man sich mit ihnen einlässt und die Sätze nicht nur liest, sondern versucht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das Kennenlernen braucht allerdings seine Zeit. Dabei wird man feststellen, dass Bücher - wie die Menschen - ihren eigenen Charakter haben: geschwätzig oder grüblerisch veranlagt sind, manchmal zum Widerspruch reizen oder mit ihrem Wissen protzen, oft gute Unterhalter sind und manchmal Lebensweisheit vermitteln. Der Leser wird immer nur mit den Büchern Freundschaft schließen, die er mag.


P. Walter Rupp, SJ