Nikolaus von Flüe

Wer kann verstehen, wie Nikolaus von Flüe dazu kam, seine Familie zu verlassen, um Einsiedler zu werden, und diesen Entschluss mit dem Ruf Gottes zu begründen? Erlag er der Versuchung, wie sie viele Eheleute haben, aus der Ehe auszusteigen, weil er der Ehe müde war? Und wie kam die Kirche dazu, einen, der seine Frau und seine 10 Kinder verlässt, heilig zu sprechen? Ist der persönliche religiöse Fortschritt wichtiger als die Verantwortung gegenüber Menschen? Er versprach doch bei seiner Eheschließung, treu zu sein bis in den Tod, und nicht bloß für ein paar Jahre. Dass Gott jemand zuerst zur Ehe beruft, um ihn bald darauf in die Einsamkeit zu locken, das passt nicht zu dem Bild, das ein Christ von Gott haben soll. 

Wenn Gott ruft, das fordert die Bibel, muss man alles verlassen, vorausgesetzt, er hat gerufen. Aber wer kann sich sicher sein, dass er innere Stimmen irrtumsfrei deuten und Gottes Stimme von allen anderen Stimmen unterscheiden kann? 

Wer ihn in die Einsiedelei gelockt hat, lässt sich wohl nicht klären. Hätte er sich von einer falschen Stimme verführen lassen, es blieb ihm keine andere Wahl, man muss seinem Gewissen immer folgen, auch wenn es irrt. Viele würden es lieber sehen, wenn man ihn nicht als Einsiedler, sondern als Familienvater heiliggesprochen hätte, und eher verstehen, wenn die Kirche seine Frau, die einen solchen Mann ertragen und ihre 10 Kinder allein aufgezogen hat, stattdessen oder auch heiliggesprochen hätte.