Christusbilder

Über Jesus von Nazareth wurden viele verschiedene und widersprüchliche Behauptungen aufgestellt

Die byzantinischen Maler schufen den uns entrückten, jenseitigen Christus, der alles Irdische abgestreift hat; die des Mittelalters den ausdrucksstrengen Richter und Herrn des Jüngsten Gerichts. Erst allmählich setzte sich ein uns ähnlicher Jesus durch, mit menschlichen Zügen. Rembrandt durchstreifte auf der Suche nach lebenden Modellen das Judenviertel seiner Stadt, und im 20.Jahrhundert stellte Picasso unter dem Entsetzen seiner Zeitgenossen Jesus als Stierkämpfer dar. Wer ein getreues Bild von ihm haben will, kommt nicht umhin, sich an den Zeugnissen des Neuen Testaments zu orientieren. Sie bezeugen ihn nicht nur als den selbstlosesten der Menschen, auch als den von Gott Gesandten und als Herrn der Welt. 

Über Jesus von Nazareth wurden viele verschiedene und widersprüchliche Behauptungen aufgestellt: Er habe gar nicht existiert. - Er wäre weiter nichts gewesen als ein origineller Lehrer -, ein Moralprediger nach Art der Essener -, oder ein vom Messiaswahn beherrschter Revolutionär -. Immer waren die Menschen versucht, sich von Jesus ein Bild zurecht zu schnitzen, das ihrem Geschmack entsprach. In Miltons „Wiedergewonnenem Paradies" tritt Jesus als Intellektueller auf, der das Volk als "Mob" verachtet. F. Brandon zeichnete ihn in den sechziger Jahren als Sympathisanten fanatischer Guerillas und G. Herburger macht aus ihm einen demokratischen Jedermann. 

Wie fragwürdig auch die Bilder sind, die die Menschen diesbezüglich produzieren, sie beweisen, dass sie sich mit diesem Jesus auseinandersetzen müssen, und dass die alte Frage: Für wen halten die Leute den Menschensohn, bis heute nicht verstummt.


P. Walter Rupp, SJ