Schwerelosigkeit

Sobald sie mit ihrer Raumfähre das Gravitationsfeld der Erde verlassen haben, erleben Weltraumfahrer die Schwerelosigkeit.

Sobald sie mit ihrer Raumfähre das Gravitationsfeld der Erde verlassen haben, erleben Weltraumfahrer die Schwerelosigkeit. Wie sie sollten auch die Christen die Erfahrung machen, dass mit der Annahme des Glaubens die Erde an Anziehungskraft verliert und der Mensch unbeschwerter und sorgloser leben kann. Aber leider ist von einer Unbeschwertheit und Sorglosigkeit der Christenheit wenig zu spüren, eher von einer Schwermut.

Die Kirche ist immer im Dienst und stets in Sorge um die von Säkularisation und Unmoral bedrohte Welt. Das Erscheinungsbild der Kirche ist das einer Witwe, die seit dem Weggang ihres Mannes mit verweinten Augen und in Trauerkleidung umhergeht. Schwarz war lange Zeit die Standeskleidung des Klerus. Nur die in der Hierarchie höher Stehenden durften hellere Farben wählen. Dass Jesus seine Kirche mit einer Braut verglich, die froh gestimmt auf das Kommen ihres Bräutigams wartet, davon merkt man wenig. Unter den Gläubigen gibt es zu viele, auf die die Beschreibung des Christian Morgenstern zutrifft: "Er konnt‘ nie über etwas lachen, wie kann ein Mensch so tief verflachen?" 

Nun, Lächeln kommt noch vor, bei Hochzeiten und Taufen oder da, wo der Gesichtsausdruck auf Videos und Fotos festgehalten wird. Aber das nicht bestellte, unbeschwerte Lächeln wurde selten. Die Sorgen des Alltags halten es nieder und die Schwerelosigkeit schafft es nicht, sich gegen die vielen Ängste und Sorgen durchzusetzen. Das Raumschiff Erde ist unterwegs, zu einem großen Ziel: dem neuen Himmel und der neuen Erde. Die Besatzung sollte nicht vergessen, dass ihr das Versprechen gegeben wurde, dass jeder Name eines Erdenbewohners aufgezeichnet und für jeden eine Wohnung bereitet ist.


P. Walter Rupp, SJ