Früchte der Solidarität

29. Apr 2012

Die Dritte Romaria – Wallfahrt in Solidarität mit Flüchtlingen – wurde von insgesamt über 200 Teilnehmern begleitet.

Von der Pfarrkirche Schwechat zogen die ersten knapp 100 TeilnehmerInnen unter Glockengeläut am Samstag, 28. April, um 8.00 Uhr mit Transparenten zur Solidarität mit Flüchtlingen los. Ihr erstes Ziel war das Sozialzentrum am Zirkelweg, in dem Flüchtlinge leben. Hier wurde das Thema und der Anlass der Romaria in Erinnerung gerufen: Es geht bei der Wallfahrt darum, sich mit den Asylsuchern und Flüchtlingen zu solidarisieren. Weltweit sind etwa 45 Millionen Menschen auf der Flucht. Für die Christen ist die Solidarität mit ihnen ein Gebot der Nächstenliebe, wie eine Lesung aus dem Evangelium vom Barmherzigen Samariter klar machte.

Andererseits zeigen sich auch „Früchte der Solidarität“ – das Thema der Wallfahrt: Viele Pfarrgemeinden, Ordensgemeinschaften, politische und zivilgesellschaftliche Gruppierungen setzen sich für die Flüchtlinge ein.
Auf dem 20 Kilometer langen Weg von Schwechat zum Missionshaus St. Gabriel machte die Wallfahrt an neun Stationen Halt: In Pfarrkirchen, beim islamischen Friedhof in Inzersdorf und in Asylzentren wurde deutlich, wie viele Gruppen und wie vielfältig sie sich für die Asylanten einsetzen. Immer wieder kamen neue Wallfahrer zur Romaria, andere setzten den Weg nicht weiter fort – insgesamt begleiteten mehr als 200 Menschen den Weg.

Nach einem Abendessen im Missionshaus St. Gabriel, das von Bewohnern des Flüchtlingsheims der Caritas in St. Gabriel vorbereitet worden war, trafen sich die Pilger in der Heilig-Geist-Kirche des Missionshauses zu einem „politischen Nachtgebet“. Lieder, Schrifttexte und Beiträge der Wallfahrer machten deutlich, dass die Christen sich als „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Epheserbrief) verstehen. Ihre Solidarität kann keine Grenzen akzeptieren und sie stehen der ausgrenzenden Gesetzgebung unseres Landes kritisch gegenüber. Dem politischen Nachtgebet standen der Rektor des Missionshauses, Pater Elmar Pitterle, zusammen mit der Pfarrerin der Evangelischen Pfarrgemeinde Mödling, Anne Tikkanen-Lippl, vor, gemeinsam mit ihnen erteilte Weihbischof Franz Scharl der Gemeinde den abschließenden Segen.


Früchte der Solidarität

Für Pater Franz Helm SVD, vom Weltdorf St. Gabriel der Steyler Missionare, zeigt sich, dass die verschärfte Fremdenpolitik, gegen die die erste Romaria protestierte, dazu führt, dass immer weniger Asylanträge in Österreich positiv ausgehen. „Aufgrund der geltenden Gesetzgebung mit Dublin II kann in Österreich nur Asyl bekommen, wer in Österreich direkt ankommt. Das ist gerade für die ärmeren Asylanten und Flüchtlinge nicht möglich und sie werden immer schneller abgeschoben“, erklärt Pater Helm.

Allerdings zeigt sich inzwischen auch, wie viele Pfarren sich in Netzwerken zusammengeschlossen haben und sich für die Menschen in Flüchtlings- und Asylsituationen engagieren. An den verschiedenen Stationen wurden solche Beiträge und „Früchte“ vorgestellt: Zum Beispiel bringt das Projekt Tobias der Salesianer Jugendliche aus dem Lager Traiskirchen mit österreichischen Jugendlichen in Kontakt und organisiert Wanderungen, um so Begegnungen in dieser schwierigen Zeit für die Flüchtlinge zu ermöglichen. Oder Jugendliche im Projekt „Sale für alle“, die über „Jugend Eine Welt“ einen Solidareinsatz in einem anderen Land gemacht haben, entdecken auch hier Situationen von Ausgrenzung und Gefährdung und entscheiden sich, etwas zu tun. „Dazu kommt dann sogar noch eine Relektüre des Charismas von Don Bosco. Sie entdecken, dass auch Don Bosco vor 150 Jahren sich um ausländische Kinder und Jugendliche gekümmert hat und dass dieser Auftrag auch heute im dritten Bezirk in Wien gilt und Aufgaben stellt“.

Die dritte Romaria sprach an einigen Stationen auch neue Probleme an: Einige Schwesternkongregationen greifen das Thema Frauenhandel auf. Sie gehen davon aus, dass es in Wien 4.000 Frauen gibt, die davon betroffen sind und eine große Herausforderung darstellen.

Beeindruckend war auch die Station im islamischen Friedhof in Inzersdorf: „Wir haben diesmal nicht nur für eine Pause Halt gemacht, sondern zwei Vertreterinnen der muslimischen Jugendbewegung empfingen uns und erklärten, wie viel wir gemeinsam haben: Oft die Nationalität, viele Elemente in unserem Glauben. Es war schön zu sehen, wie sehr auch sie das Gemeinsame in den Vordergrund stellten,“ erzählt Franz Helm.

„Das Gehen als Gemeinschaft hat einen großen Wert und bringt eine unglaubliche Kraft in die Gruppe. Das hat sich bei vielen Begegnungen gezeigt, die positiv auf die Romaria reagiert haben, aber auch bei Gelegenheiten, an denen wir beschimpft wurden wegen der Transparente, die zu Solidarität, Dialog und Kirchenasyl aufriefen“, fasst Pater Helm seine Eindrücke zusammen. „Wichtig ist auch, dass bei der Romaria Gruppen mitmachen, die sehr verschiedene Blickrichtungen und Motivationen haben, von Pfarrgemeinden und Ordensgemeinschaften bis zu politischen und zivilgesellschaftlichen Gruppierungen.“

Die Organisation der Romarias läuft wenig geplant ab: „Wir können noch nicht sagen, ob es nächstes Jahr wieder eine Romaria geben wird. Aber ich finde es interessant: Es haben sich schon Leute und Gruppen gemeldet, die wieder eine Station gestalten wollen“, freut sich Pater Helm. „Ich hoffe, dass wir auch nächstes Jahr eine Romaria organisieren können“.


Romaria

Das Wort (mit Betonung auf dem i) stammt aus Brasilien. „Romarias da terra“ sind Wallfahrten der brasilianischen Landlosenbewegung, die auch zur Stärkung der politischen Kräfte unternommen werden. Seit drei Jahren findet eine Romaria in Solidarität mit den Flüchtlingen zwischen der Pfarre Schwechat und dem Missionshaus St. Gabriel statt, eine Distanz von gut 20 Kilometern.
Die erste Romaria wurde veranstaltet, als Österreich seine Fremdengesetzgebung änderte und die Schwierigkeiten für Flüchtlinge und Asylanten drastisch verschärfte.

Die Romarias werden vom Don Bosco Flüchtlingswerk Austria, der Pfarre Schwechat und dem Weltdorf St. Gabriel der Steyler Missionare organisiert, zusammen mit einer Reihe von UnterstützerInnen (Caritas St. Gabriel, Caritas Haus Amadou, Caritas Karwan Haus, Evangelische Pfarrgemeinde Mödling, IMpulsLEBEN, Internationaler Versöhnungsbund, Katholische Jugend der Erzdiözese Wien, Katholische Jungschar Österreichs, PrekärCafe, Pfarrnetzwerk Asyl (Pfarre Alxingergasse, Pfarre Hernals, Pfarre Inzersdorf - Don Bosco, Pfarre St. Nepomuk und Pfarre Schwechat), Sale für Alle, Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Steyler Missionsschwestern).

Der Termin Ende April hat mit dem österreichischen Gedenktag gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit am 5. Mai (1945: Befreiung von Mauthausen) zu tun.

Christian Tauchner SVD
gListgenerator|createListFilesHtml|002 -> wListgenerator|createListFilesHtml(template not available "/wLayout/wGlobal/layout/templates/lists/galleryFancybox.wFilelist.php")