Interreligiöser Dialog an der Jahrtausendwende

14. Jun 2013

Vor hochrangigen Gästen aus Politik und Wissenschaft präsentierte der Steyler Missionar Pater Andreas Bsteh die jahrzehntelange Geschichte der Dialoginitiativen St. Gabriel.

Eine „nimmermüde Seele mit Namen Pater Bsteh“ habe er 1997 kennengelernt, als er erstmals an einer Konferenz des Religionstheologischen Instituts St. Gabriel teilnahm, erklärte Prof. Tahir Mahmood aus Delhi, Indien, in seinem Festvortrag in den Räumen des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vor Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, Staatssekretär Sebastian Kurz und vielen anderen hochrangigen Besuchern. Die nimmermüde Einsatz von Pater Bsteh hatte mit dem interreligiösen Dialog aus der Mitte des christlichen Glaubens heraus zu tun. Für den Muslim Tahir Mahmood wurde Wien, das ihm bislang als Pilgerstätte der Musik bekannt war, immer mehr zu einer Pilgerstätte des interreligiösen Dialogs. Im Religionstheologischen Institut St. Gabriel unter der Leitung von Pater Andreas Bsteh habe er immer wieder „eine Hand geben“ können beim Versuch, wissenschaftliche Grundlagen für den interreligiösen Dialog zu erarbeiten. Es geschah aus der gemeinsamen Überzeugung heraus, dass dem etwas entgegenzusetzen sei, was vielerorts im Namen von Religionen geschieht. Das sei besonders leidvoll in Zusammenhang mit dem 11. September 2001 deutlich geworden.

von links: Sebastian Kurz, P. Andreas Bsteh, Prof. Irmgard Marboe, Karlheinz Töchterle und die Moderatorin Barbara Weitgruber © Franz Helm
von links: Sebastian Kurz, P. Andreas Bsteh, Prof. Irmgard Marboe, Karlheinz Töchterle und die Moderatorin Barbara Weitgruber © Franz Helm

Intergrations-Staatsekretär Sebastian Kurz zeigt sich in seinem Grußwort überzeugt, dass Religion nicht so sehr Teil des Problems, sondern vielmehr Teil der Lösung von interkulturellen Konflikten sei. „Es gibt bei uns nicht zu viel Islam, sondern zu wenig überzeugt gelebtes Christentum“, davon zeigte sich Kurz überzeugt. Auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle machte in seinem Kurzstatement deutlich, dass der Dialog für ihn zu einer christlichen Grundhaltung dazu gehöre. Er erinnerte an das Werk „De Pace Fidei“ (über den Religionsfrieden) des Brixener Bischofs Nikolaus von Kus, das im Jahr der Eroberung Konstantinopels durch das Osmanische Reich 1453 veröffentlicht wurde. Dem Krieg sei der Dialog der Religionsangehörigen entgegenzusetzen.
Pater Andreas Bsteh und Frau Prof. Irmgard Marboe zeichneten in einem Vortrag, treffend illustriert mit Bildern, die Geschichte des Wiener Interreligiösen Dialogs nach. Die erste grundlegende und richtungsweisende Wegstrecke waren religionstheologischen Studientagungen, die von 1975 bis 1992 in St. Gabriel stattfanden. Die Buddhismustagung 1982 war nach dem Urteil von Prof. Heinrich Doumolin die erste christlich-buddhistische Begegnung in Europa, „bei der nicht bloß mit Sympathie über den Buddhismus gesprochen wurde, sondern religiöse Buddhisten sich aktiv am Gespräch beteiligten“. Die Tagungen wurden in der Reihe „Beiträge zur Religionstheologie“ der interessierten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Aus Anlass des ersten Irakkrieges trat Außenminister Alois Mock an Pater Andreas Bsteh mit der Bitte heran, in der Hofburg in Wien eine große christlich-muslimische Dialogkonferenz zu organisieren, die 1993 zum Thema „Friede für die Menschheit“ durchgeführt wurde. Daran schloss sich eine weitere Tagung zum Thema „Eine Welt für alle“ im Jahr 1997 an. Daraus entwickelte sich in der Folge ein „Vienna International Christian-Islamic Round Table“ (ViCIRoTa) mit mehreren Konferenzen zu brennenden weltweiten Fragen wie Intoleranz und Gewalt oder Armut und Ungerechtigkeit. Dieser Dialogprozess gipfelte im Jahr 2008 in einer Konferenz, die ein VICIRoTa-Manifest veröffentlichte, das wesentliche Einsichten für den interreligiösen Dialog in 10 Thesen festhielt. Diese Konferenzen sind in der Reihe „Vienna International Christian Islamic Round Table“ in den Sprachen Deutsch, Englisch, Arabisch und Urdu publiziert.
Über den breiten christlich-islamischen Dialog hinaus entwickelte sich ein spezifischer Dialog mit dem schiitischen Islam, der in vier österreichisch-iranischen Konferenzen, in einem Besuch des iranischen Staatspräsidenten Seyed M. Khatami in Wien und einem Besuch von Kardinal Christoph Schönborn in Teheran seinen Niederschlag fand. Diese Dialogkonferenzen sind dokumentiert in einer „Dialog“ genannten Buchreihe, die in den Sprachen Deutsch, Arabisch und Farsi erschienen ist.
Schließlich kam es zu einer weiteren wichtigen wissenschaftlichen Initiativen: Religionstheologische Akademien in St. Gabriel formulierten zwischen 1992 und 1998 von Islam, Hinduismus und Buddhismus her Anfragen an das Christentum. In einer jeweiligen Folgekonferenz wurde über den christlichen Glauben in der Begegnung mit diesen Religionen reflektiert. Die Erträge dieser Studien sind in der Reihe „Studien zur Religionstheologie“ auf Deutsch und Englisch zugänglich gemacht worden.
Um den Transfer auf die jüngere Generation zu sichern, wurde eine Sommeruniversität ins Leben gerufen, bei der junge muslimische und christliche Studentinnen und Studenten mehrere Wochen gemeinsam dem Studium der Religionen und der miteinander verbrachten Freizeit widmen. Fanden diese internationalen Sommerkurse anfangs in St. Gabriel statt, so sind sie mittlerweile im Waldviertler Benediktinerstift Altenburg beheimatet, das mit seinem „Garten der Religionen“ einen interreligiösen Schwerpunkt hat. Das Stift trägt die Sommeruniversität gemeinsam mit dem Institut für Sozialethik der Universität Wien.
Alle diese Initiativen waren Pater Andreas Bsteh und dem Religionstheologischen Institut St. Gabriel nur möglich durch die Unterstützung des Ordens der Steyler Missionare, des Wissenschafts- und Außenministeriums und der Stadt Wien. Vor allem aber war es die Zusammenarbeit mit Professoren der Theologischen Hochschule St. Gabriel wie P. Gottfried Vanoni und P. Karl-Heinz Peschke und mit Professoren der Universität Wien wie Prof. Irmgard Marboe, Prof. Ingeborg Gabriel und Prof. Richard Potz, sowie mit international angesehen Experten wie dem christlichen Islamwissenschaftler Prof. Adel Theodor Khoury und mit hoch qualifizierten Dialogpartnern aus den anderen Religionen wie Prof. R. N. Dandekar, Prof. Hajime Nakamura, Prof. Tahir Mahmud oder Prof. Mohammad Mojtahed Shabestari, die sich immer wieder auf den Dialog einließen. Sehr wichtig war auch die Mitherausgeber von Publikationen durch den schon genannten Prof. Tahir Mahmood oder durch den Iraner Dr. Seyed Abdolmajid Mirdamadi. Schließlich ist hinzuweisen auf die verdienstvollen Mitarbeiterinnen des religionstheologischen Institutes, die durch ihr kompetentes Mitwirken bei Organisation, Dokumentation und Übersetzung den Dialog und seine Dokumentation ermöglichten.
Abschließend sei Prof. Adel Theodor Khoury mit seinem Urteil über diese „Geschichte eines Dialoges“ zitiert. Er betont, damit hätten „das Institut und die Ordensgemeinschaft in St. Gabriel nicht nur der Kirche und der Gesamtgesellschaft in Österreich, sondern der Kirche in aller Welt – und auch den Menschen aller Zugehörigkeit – einen unermesslichen Dienst erwiesen; sie haben auch den Forschern und all denen, die am Dialog interessiert sind, fast eine Bibliothek vorgelegt, deren Bände meines Erachtens zu den besten Arbeiten auf dem Gebiet des interreligiösen Dialogs zählen“. Kein Wunder also, dass es an der Universität in Delhi, Indien, in der Bibliothek eine Kollektion „St. Gabriel“ zum interreligiösen Dialog gibt, die von vielen Studierenden eifrig konsultiert wird.

Das reich bebilderte Buch „Geschichte eines Dialogs. Dialoginitiativen St. Gabriel an der Jahrtausendwende“ von Pater Andreas Bsteh ist erhältlich bei: gabrielbuch-info@aon.at

Franz Helm SVD
gListgenerator|createListFilesHtml|002 -> wListgenerator|createListFilesHtml(template not available "/wLayout/wGlobal/layout/templates/lists/galleryFancybox.wFilelist.php")