P. Willi Riedel SVD unerwartet verstorben

06. Feb 2005

Im Alter von 61 Jahren verstarb P. Willi Riedel - für alle völlig unerwartet. Bis zu seinem Tod - nahezu 35 Jahre seines Lebens - wirkte er mit Freude und großem Erfolg in Indonesien. Er war Anlaufstelle für jedermann und man konnte sich auf sein Wort und seine Hilfe immer verlassen.

Sein plötzlicher Tod hat uns alle sehr betroffen gemacht. Als die Nachricht in Sankt Augustin bekannt wurde, rief P. Thometzki als sein Freund und Vorgänger sofort in Jakarta an, um Genaueres zu erfahren: 

Letzte Stunden
P. Riedel war am Samstagmorgen nicht zur Hl. Messe und dann später um 7.00 Uhr nicht zum Frühstück erschienen. Da samstags in seinem Büro arbeitsfrei ist und der Tag in der SVD-Niederlassung St. Yosef, Matraman - Jakarta, individuell gestaltet wird, fiel das nicht weiter auf. Als P. Riedel dann aber auch mittags nicht zu Tisch erschien, ging man auf sein Zimmer und schaute nach. Dort fanden ihn die Mitbrüder angekleidet auf seinem Stuhle sitzen. Da nichts Ungewöhnliches zu bemerken war, meinten alle, er würde schlafen. Doch dann stellte man fest, dass er tot war. Da der Körper bereits kalt war und anfing blau anzulaufen - er hatte auf seinem Zimmer eine Klimaanlage - muss der Tod wahrscheinlich im Laufe der Nacht von Freitag auf Samstag eingetreten sein. 

Am Sonntag, den 6. Februar, um 20.00 Uhr hielt Generalrat P. Leo Kleden svd, der zu dieser Zeit in Jakarta zur Visitation weilte, das Requiem für den Verstorbenen in der Kirche St. Yosef, wo sein Leichnam bis 3.00 Uhr in der Frühe des nächsten Tages aufgebahrt blieb. Gegen 6.00 Uhr wurde sein Sarg mit dem Flugzeug nach Surabaya gebracht, wo er in dem für die Steyler Missionare und Schwestern reservierten Teil des Friedhofes Kembang Kuning, Surabaya, bestattet wurde.

Jugend und Ausbildung
Willi kam am 6. Mai 1943 als Sohn von Theodor und Elisabeth Riedel, geb. Kern in Assmannshausen zur Welt. Wie seine vier Geschwister besuchte er in diesem kleinen aber weltbekannten Ort am Ufer des Rheins von 1949 bis 1955 die Volksschule. Da er Missionar werden wollte, begann er die Gymnasialstudien im Missionsgymnasium Steyl, das er jedoch nach fünf Jahren wieder verließ und ins staatliche Gymnasium von Heilbronn wechselte. Dort machte er 1964 das Abitur. Da es jetzt sein Wunsch war, Weltpriester zu werden, begann er das Philosophiestudium in Tübingen, wo die Priesterstudenten der Diözese Rottenburg ihre Studien machten. Nach zwei Jahren wählte er für seine beiden Freisemester die Universität Bonn. Dort erinnerte er sich an seine ehemaligen Mitschüler aus Steyl, die im Priesterseminar Sankt Augustin, nur 8 km von Bonn entfernt, ihre Studien machten. Als er sie an einem Pfingstfest besuchte, schloss er sich dem pfingstlichen Einkehrtag der Steyler Studenten an und spürte aufs Neue den Ruf in seinem Herzen, Missionar zu werden. Kurz darauf trat er in Sankt Augustin ein und reihte sich nach einem Jahr des Noviziats bei seinen ehemaligen Mitschülern aus Steyl ein. Während der Studienferien besuchte er Spanien und lernte dort ein wenig Spanisch. Deshalb bat er kurz vor seiner Priesterweihe darum, Missionar in Argentinien zu werden. Indonesien war sein zweiter, Papua Neu Guinea sein dritter Wunsch. Die Generalleitung bestimmte P. Riedel für Indonesien. Umgehend begann er mit dem Studium der indonesischen Sprache an der Universität Bonn.
Am 11. Oktober 1970 wurde er in St. Augustin mit 6 Mitbrüdern zum Priester geweiht. Anschließend machte er ein praktisches Jahr. In der Zwischenzeit bemühten sich seine Vorgesetzten um das Visum für Indonesien.

Mission Indonesien
Im August 1971 verabschiedete Willi sich von seiner Familie und fuhr mit einem dreiwöchigen Abstecher in Japan nach Indonesien. Dort traf er am 22. September 1971 ein. Die ersten Tage waren ausgefüllt mit Formalitäten der Einreise. Dann ging es nach Surabaya. Da das Missionsschiff Ratu Rosari noch nicht auslaufbereit war, besuchte P. Riedel die Ferieninsel Bali. Am 8. Oktober 1971 traf er auf der Ratu Rosari in Maumere ein. Dort wurde er mit großem Hallo begrüßt. Denn jetzt hatte Flores ein Quartett von Missionaren, von dem jeder weit über 100 kg wog. Und man verulkte sie, dass wegen ihnen Flores bald in Schieflage käme.

In Ledalero lernte P. Riedel weiter Indonesisch und wurde auch in die Sitten und Gebräuche von Flores eingeführt. Zunächst wurde er Kaplan von Danga mit Sitz in der Pfarrei Ndora. Weihnachten feierte er dort zusammen mit P. Wiese. Am 2. Weihnachtstag führte ihn der Dekan von Nagekeo in Danga ein. Da damals noch viel die örtliche Sprache "Nage" gesprochen wurde, ließ er sich im Kleinen Seminar Mataloko in deren Geheimnisse einführen. Ostern 1972 war er wieder in Danga, wo er auch wohnen blieb, da es doch zu weit von Ndora entfernt war. 

Danga ist keine einfache Pfarrei. Es ist dort sehr heiß, es gibt sehr wenig Wasser und das Essen war ganz einfach. Obwohl das Pfarrgebiet sehr ausgedehnt war, gab es nur sehr wenige Wege. Bei seinem Körpergewicht von 115 kg musste sein Pferd da oft Schwerarbeit leisten. Die meisten seiner Kapellen waren aus Holz, Bambus oder Palmgras. Lediglich die Pfarrkirche von Danga war gemauert. Allerdings ließen Hitze und einfaches Essen Willis Körpergewicht bald auf 95 kg sinken. Auf den Fotos der damaligen Zeit sah er deshalb ziemlich mager aus. Doch kurze Zeit später erreichte er wieder sein "Normalgewicht".

Feuereifer
Im Juni 1972 zerstörte ein Brand einen Teil des Pfarrhauses. Er selber und sein Mitarbeiter wurden dabei verletzt. Doch mit Hilfe der Gemeinde wurde das Haus bald wieder hergestellt. Ein Jahr später verwüstete ein Taifun das Pfarrgebiet und einen Großteil der Insel Flores. Es gab viele Tote, zahlreiche Erdrutsche, zerstörte Deiche und auch das Pfarrhaus fiel dem Sturm zum Opfer. Von der schönen Pfarrkirche waren nur einige Säulen stehen geblieben. Auch viele Schulen und Kapellen waren ein Opfer des Taifuns geworden. Zum Glück war P. Riedel während des Sturmes zusammen mit seinem Bischof zur Bischofsweihe des Nachbarbischofs von Ruteng. Mit Hilfe seiner Gemeinde und vieler Wohltäter aus Deutschland konnten nach und nach die Schäden behoben werden. Erst 1979 waren alle Gebäude wieder hergestellt. Im Zuge dieses Wiederaufbaues errichtete P. Riedel auch zahlreiche Schulen, von der Grundschule bis zum Gymnasium. 

1973 erlebte er in Boawae ein großes Fest. Der aus seiner Gemeinde stammende Steyler Missionar P. Zakharias Belita wurde in Danga zum Priester geweiht. Da damals die Kirche noch zerstört war, musste man unter freiem Himmel feiern. Das Unglücksjahr 1973 war zugleich auch ein Hungerjahr in dieser Gegend. Die Deiche der Reisfelder waren zerstört und der Regen ausgeblieben. Nur mit Hilfe von 70 Tonnen Reis und 15 Tonnen Sojabohnen konnte der größte Hunger abgewendet werden. Mit den zahlreichen Muslimen in seinem Pfarrgebiet hatte P. Riedel ein gutes Verhältnis. Während der Hungersnot half er auch ihnen mit Nahrungsmitteln und beim Wiederaufbau ihrer Moschee sowie der Koranschule in Alorongga.

Da es immer wieder Missernten gab, plante P. Riedel zusammen mit Regierung und den Bauern seiner Pfarrei, die Reisfelder, Gärten aber auch die Dörfer gründlich zu erneuern. Er bat Steyler Missionsschwestern, den Frauen und Mädchen Strick- und Haushaltskurse zu geben.

Mitten in diesen Bemühungen wurde P. Riedel 1981 zum Dekan von Nagekeo mit Sitz in Ndora berufen. 1990 brauchte das Steyler Priesterseminar Ledalero einen deutschsprachigen Ökonom. Auch hier folgte P. Riedel dem Ruf seiner Vorgesetzten.

Seebeben
In diese Zeit fiel auch das schwere Erdbeben, das die Insel Flores im Dezember 1992 erschütterte. Er hatte es am eigenen Leibe erfahren. Er konnte zunächst sein Zimmer im 2. Stock nicht verlassen. Als begeisterter Funkamateur hatte er täglich Kontakte mit Funkerfreunden in aller Welt. So erhielten wir die Nachricht von dieser Katastrophe sehr schnell über einen Funkerfreund hier in der Stadt Sankt Augustin selbst. Gerade zwei Jahre im Amt leitete und koordinierte P. Riedel den langjährigen Wiederaufbau. Das gewaltige Seebeben hatte 90 % des Priesterseminars zerstört. Er war damals auch in der Wiederaufbaukommission der Erzdiözese.

Im Mai 1996 wurde er zum Direktor der Steyler Zentralprokur SOVERDI Jakarta berufen. Mit den vielen Erfahrungen im Bereich der Verwaltung und Entwicklungsarbeit wirkte er sowohl in Jakarta als auch in der Nebenstelle Surabaya. Er trug Verantwortung für 4 Steyler Ordensprovinzen und Diözesen. Hier war er jetzt auch bei der Vermittlung von Hilfe für Aceh und Nias in vollem Einsatz.

Nahezu 35 Jahre seines Lebens arbeitete P. Riedel mit Freude und großem Erfolg in Indonesien. Er war Anlaufstelle für jedermann und man konnte sich auf sein Wort und seine Hilfe immer verlassen. Nach der Flutkatastrophe war er eine ganz wichtige Stelle für die vielen Fragen der Hilfsgelder für die Flutkatastrophe.

Bei allem Organisieren, Reisen und Verwalten auf interdiözesaner Ebene blieb er der Arbeit auf lokaler Ebene verpflichtet. Seine letzte Reise nach Europa, Ende 2004, konnte er mit einem Treffen seines Abiturjahrganges 1964/2004 verbinden. Die Kontakte, die er bei diesem Aufenthalt mit den Hilfswerken nahm, galten dem Bau eines Bibelzentrums auf der Insel Batam: "Dieses Projekt wurde mir vom Ordensobern übertragen. Für den ersten Bauabschnitt hatte ich von den Bistümern Köln, München und Missio Aachen eine Unterstützung bekommen. Jetzt habe ich dort für den 2. Bauabschnitt vorgesprochen. Hoffentlich kommt bald eine positive Antwort, damit wir weiterbauen können. Die Kirche bzw. Mehrzweckhalle wurde vom Bischof am 14. August 2004 eingeweiht. Jetzt sollen noch Zimmer mit 36 Betten, Küche, Speisesaal, Bibliothek und Vorlesungssaal gebaut werden."

Trauer
Die Beileidsschreiben der deutschen Hilfswerke drücken die tiefe Hochachtung für den lieben Verstorbenen aus:

"Pater Willi wird in unserer Erinnerung als ein "ganzer" Missionar und Priester und auch als ein kompetenter und vertrauenswürdiger Finanzmanager bleiben. Wir trauern um ihn und beten für ihn!" (Misereor).

"P. Riedel stand mit dem Kindermissionswerk in einem regen Austausch bei dem unermüdlichen Einsatz für unsere gemeinsame Sache, die Not von Kindern und Jugendlichen zu lindern. Besonders im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung unserer Projektreisen durften wir P. Riedel als kompetenten, äußerst wertvollen und gewinnenden Menschen kennen lernen." (Kindermissionswerk).

Als Steyler Missionare danken wir Gott, P. Riedel in unseren Reihen gehabt zu haben. Wir danken aber auch seiner Familie und seinen Freunden für ihre Unterstützung und Hilfe während seines Missionsdienstes in Indonesien. Gemeinsam mit ihnen bitten wir den Herrn der Ernte, seinen treuen Diener, P. Willi Riedel, in die ewigen Wohnungen aufzunehmen, die Er denen bereitet hat, die Ihn lieben.

P. Gerhard Lesch SVD