Liturgiewissenschaftler Hermann Gräf SVD verstorben

28. Aug 2006

Am 26. August 2006 verstarb P. Hermann Gräf auf der Intensivstation des Marienkrankenhauses St. Wendel. Dort war er vor wenigen Tagen wegen einer Blutung in der Speiseröhre eingeliefert worden.

Am frühen Nachmittag des 26. August 2006 ist P. Hermann Gräf auf der Intensivstation des Marienkrankenhauses in St. Wendel verstorben. Eine Blutung in der Speiseröhre zehrte seit Tagen an seinen Kräften; er erwachte nicht mehr aus dem notwendig gewordenen künstlichen Koma. Gott nahm seinen treuen und eifrigen Diener in aller Stille zu sich.

Hermann Gräf wurde am 11. Oktober 1924 in Rhaunen (Diözese Trier) als Sohn von Karl und Anna Gräf geboren. Sie waren vier Brüder in der Familie; einer der Jungen verstarb sehr früh. Ab Ostern 1936 besuchte er die Missionsschule St. Paul in Wittlich-Wengerohr, nach deren Auflösung kam er nach St. Wendel; auch diese Schule wurde 1941 von den Nazis aufgelöst. Sein Abitur machte Hermann Josef 1942 an der Oberschule in Bingen. Es folgte der obligatorische Militärdienst. Bis 1944 diente Hermann Josef in verschiedenen Lazaretten in Deutschland. Im April 1944 wurde er zu einer Krankensammelstelle nach Lemberg versetzt und dann im August an die Ostfront nach Süd-Polen. Glückliche Umstände brachten ihn Anfang 1945 nach Einbruch der Ostfront zurück in den Westen, aber schon im März war er wieder an der Front, diesmal im slowakischen Erzgebirge. Vier Jahre sowjetische Kriegsgefangenschaft warteten nach Ende des Krieges auf ihn.

Am 1. Mai 1949 begann Hermann Gräf in Sankt Augustin das Noviziat. Erstprofess, Ewige Gelübde, Studium der Philosophie und Theologie absolvierte er ebenfalls in Sankt Augustin und wurde 1955 dort von Bischof Theodor Schu am Fest des Hl. Augustinus zum Priester geweiht. Es darf wohl erwähnt werden, dass man ihm schon als Frater einen liebevollen Spitznamen verpasst hatte, der einen Zug seines Wesens ganz besonders herausstreicht: Ob der Fülle seines Wissens nannte man ihn das „Kirchenlexikon“. So war es auch gar nicht verwunderlich, dass er weiter studieren durfte und vielleicht sogar auch musste, aber das war ganz in seinem Sinne. Schon 1959 promovierte er an der Gregoriana in Rom bei dem holländischen Jesuiten P. Hermann A. P. Schmidt in Liturgiewissenschaft mit dem Thema „Palmweihe und Palmprozession in der lateinischen Liturgie“. Im selben Jahr noch erhielt er die Missions-Bestimmung für das „Christ the King Mission Seminary“ in Quezon City (Manila/Philippinen).

Die Philippinen waren sein Leben! Er sagte dazu selbst: „Zuerst versuchte man mir so ziemlich alles aufzuladen, von der Fundamentaltheologie, Dogmatik über Patrologie und Liturgik. Doch bald konnte ich mich auf die Dogmatik und die Liturgie konzentrieren.“ Bis 1976 gab er die gesamte Dogmatik. 1964 machte er sein Terziat in Rom und bekam die Möglichkeit, zwei Semester am damals neu gegründeten Liturgischen Institut San Anselmo zu studieren. Während dieser Zeit arbeitete er im Liturgierat (Consilium) am Vatikan unter Kardinal Lercaro und dem späteren Erzbischof Bugnini mit. Eigentlich wollte man ihn in Rom halten, aber er wurde in den Philippinen, jetzt in Tagaytay, gebraucht. Fast 20 Jahre war er Konsultor der liturgischen Kommission der Bischofkonferenz der Philippinen. Er veröffentlichte viel in dieser Zeit und wurde „zum bekanntesten Liturgiker der Philippinen“.

1970/71 studierte er noch zwei Semester am Liturgischen Institut in Trier. 1983 kam P. Gräf nach Sankt Augustin zurück und lehrte Liturgik an der dortigen Theologischen Hochschule (auch im Noviziat) bis zu seiner Emeritierung 1993. Seit 1986 brachte er den Ordo für die drei Steyler Gemeinschaften heraus. Bereits in den Philippinen hatte er 20 Jahre lang den Ordo für alle Diözesen gemacht. Darüber hinaus war er über 16 Jahre als Eherichter in der Erzdiözese Köln tätig und von 1990 bis 2002 war er dort, von Kardinal Meisner ernannt, der Seelsorger der katholischen Filipinos. 1990/91 half er je drei Monate durch Vorlesungen in Liturgik und Dogmatik in Pieniezno/Polen aus.

P. Gräf war ein harter und kompetenter Arbeiter. Er stand überall, wo er eingesetzt wurde, seinen Mann. Gradlinigkeit und Charakterfestigkeit zeichneten diesen lieben und aufopferungsvollen Priester und Ordensmann aus. Er verdient unser aller Anerkennung und Respekt. Möge er bei Gott die Erfüllung seines Glaubens gefunden haben.

Das Sterbeamt ist am Mittwoch, den 30. August 2006, um 14.30 Uhr in der Missionshauskirche in St. Wendel; anschließend ist die Beisetzung auf dem Klosterfriedhof.

P. Fabian Conrad SVD