Steyler Missionare verkaufen St. Paul - Neugestaltung im Sinne der Steyler geplant

15. Aug 2007

Wittlich/ Deutschland - Nach rund 85 Jahren werden die Steyler Missionare St. Paul im rheinland-pfälzischen Wittlich verlassen. Der neue Investor plant das Missionshaus als solches zu erhalten und es dem bisherigen Anliegen der Steyler Missionare entsprechend zu nutzen. Dies war Bedingung für den Verkauf, so dass er den Zuschlag für St. Paul erhielt. Sobald als möglich werden die Sanierungsmaßnahmen beginnen. Die Steyler Missionare sind bereit weiterhin pastorale Tätigkeiten in der Region zu übernehmen.

Nach langen Überlegungen haben sich die Steyler Missionare für einen Käufer für ihr Haus St. Paul in Wittlich-Wengerohr entschieden. St. Paul hat im Hofgut Stift Kloster Machern AG einen adäquaten Käufer gefunden. Schaut man in der Geschichte von St. Paul zurück, stellt man fest, dass der Käufer auch schon in der Vergangenheit für das Haus St. Paul eine Rolle gespielt hat, denn bis 1883 war St. Paul bereits im Besitz des Kloster Machern. "Überzeugt hat uns letztlich das Bemühen, St. Paul zu erhalten und das Investitionskonzept, das die Hofgut Stift Kloster Machern AG verfolgt," erklärt Pater Heinz Schneider, Vizeprovinzial der deutschen Provinz der Steyler Missionare. "Besonders wichtig ist uns die Einbindung der Ordensleute bei all unserer Planungen für St. Paul, hierbei steht der partnerschaftliche Umgang miteinander stets im Vordergrund, um eine langjährige Bindung zueinander aufzubauen. Wir wünschen uns, dass die Steyler Missionare noch lange Zeit in St. Paul aktiv bleiben und Gottesdienst und Seelsorge für die Menschen in der Region aufrecht erhalten," betont Hans-Jürgen Lichter, Vorstand der "Hofgut Stift Kloster Machern" AG.

 

Finanzielle und personelle Gründe für den Verkauf

Ihre Niederlassung in Wittlich zu schließen, fiel den Steyler Missionaren nicht leicht: "Aber in Anbetracht der finanziellen und personellen Situation und mit Blick auf die neuen Aufgaben der Deutschen Provinz der Steyler Missionare ist es nicht zu verantworten das Missionshaus in seiner bisherigen Größe und Form zu erhalten," so Pater Franz-Josef Janicki, Präses von St. Paul.

 

Kein Rückzug aus der Region gewollt

"Wir Steyler Missionare möchten unseren missionarischen Auftrag auch in diesen personell wie finanziell knappen Zeiten effektiv erfüllen und natürlich haben wir Sorge dafür zu tragen, dass wir auch in Zukunft handlungsfähig bleiben", so Vizeprovinzial Heinz Schneider. "Wir müssen noch prüfen, inwieweit und mit welchen Kräften wir dann noch in der Region mitarbeiten können. Wir sind bereit - in Absprache mit dem zuständigen Ortsbischof - auch in naher Zukunft eine pastorale Tätigkeit vor Ort auszuüben."

Ob Pfarrpastoral, Gottesdienste, Besinnungs- und Einkehrtage oder Kontakte zu Steyler Freundeskreisen - die Steyler Missionare sind eng mit den Menschen in und um Wittlich verbunden. Für viele bleibt das Haus als Exerzitien- und Tagungshaus in guter Erinnerung. "Schon alleine deshalb wollten wir uns nicht so einfach zurückziehen," sagt Pater Janicki. "Wir haben den Menschen gegenüber eine Verantwortung und die nehmen wir gerne wahr." Dennoch bittet er um Verständnis: "Es ist uns bewusst, dass diese Entscheidung nicht nur bei uns Bewohnern von St. Paul, sondern auch bei seinen Angestellten, Freunden, Wohltätern und den Menschen in der Region Wehmut und möglicherweise auch Enttäuschung hervorruft, aber dennoch bitten wir um Verständnis."

 

Nach der Pressekonferenz:
Zufriedene Gesichter aller Beteiligten - Neues Konzept nach christlichen Grundsätzen

Die Hofgut Stift Kloster Machern AG tritt als Käufer und Investor auf und übernimmt die Verpflichtung, dass die Nutzung des Objektes den christlichen Grundsätzen entsprechen wird. 

Das zusammen mit den Ordensleuten erarbeitete Konzept sieht für St. Paul verschiedene in ihrer Gesamtheit thematisch aufeinander abgestimmte und vernetzte Teilnutzungskonzepte vor. "Geplant ist das ehemalige Schwesternheim zu einer Kinderkrippe mit einem pädagogisch anspruchsvollen Konzept zur frühkindlichen Erziehung umzubauen. Im ersten Schritt sind 30 Krippenplätze und arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten von 05.00 - 23.00 Uhr vorgesehen," erläutert Lichter. Die Kirche bleibt als Kirche erhalten. An erster Stelle stehen die weiterhin regelmäßig stattfindenden Gottesdienste; was noch endgültig mit dem zuständigen Ortsbischof abzuklären ist. "Zusätzlich soll die Kirche in Zukunft aber auch für klassische Konzerte und andere thematisch passende Veranstaltungen genutzt werden. Das Hauptgebäude bietet eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten, unter anderem ist ein Therapiezentrum für Menschen mit Beeinträchtigung, insbesondere Kinder, geplant. Im Vordergrund steht hierbei eine spezielle Therapieform mit Tieren, z.B. Pferden, Hunden oder Lamas nach dem Beispiel der sehr bekannten und erfolgreich angewendeten Delphin-Therapie in Florida. Ein anderer Teil des Hauses soll zu einem Boardinghaus für Mitarbeiter-Appartements umgestaltet werden. Weiterhin könnten artverwandte Berufsgruppen, wie z.B. Ärzte und Therapeuten weitere Teilbereiche des Hauptgebäudes nutzen," so Lichter weiter.

Die JVA wird auch in Zukunft die Landwirtschaft als Pächter auf dem Gelände von St. Paul weiter betreiben. Darüber hinaus soll die Produktion in den Bereichen Rinderzucht und Ammenwirtschaft ausgebaut und durch weitere Produktionszweige erweitert werden. Vor dem Hintergrund der Einrichtung eines Hofladens sind weitere Produkte und eine Gärtnerei geplant. Angedacht ist zusätzlich die Sanierung und Neueröffnung der ehemaligen, in der Region äußerst beliebten, Sommerwirtschaft als Ausflugslokal mit einem Hofladen, in dem Produkte aus St. Paul, aber auch aus Kloster Machern und der Abtei Himmerod verkauft werden. Hierüber soll die Vernetzung der regionalen Klöster unterstützt und ausgebaut werden.

 

Zukunft der Steyler Missionare

Trotz des Verkaufs von St. Paul schauen die Steyler Missionare mutig und vertrauensvoll in die Zukunft. "Um den Weg in die Zukunft gehen zu können, legt es sich nahe, sich von allzu schwerem Gepäck zu trennen. Mit leichterem Gepäck kommt man in der Regel in schwierigem Gelände leichter voran" so Pater Bernd Werle, der neue Provinzial der Deutschen Provinz der Steyler Missionare. "Wir wollen die Ziele unseres Ordens auch mit weniger Personal und Finanzmöglichkeiten verwirklichen. Wir stellen uns so auf, dass wir unseren missionarischen Auftrag auch mit weniger Personal und engeren finanziellen Spielräumen effektiv und profiliert verwirklichen können. Dies bedeutet, dass wir Prioritäten unserer Präsenz im Missionsland Deutschland setzen müssen" so Werle weiter.

 

Lange Geschichte

St. Paul war - ähnlich wie das Haus im Gründungsort Steyl in den Niederlanden aus einem Wirtshaus entstanden - 1925 erbaut worden und diente den Steyler Missionaren, abgesehen von den Kriegsjahren, bis 1968 als Missionsschule. Schüler, die dem Orden beitreten wollten, wurden hier gymnasial ausgebildet. Nach 1968 stand das Internat auch für andere Schüler und Schülerinnen offen. 1980 wurde die Schule geschlossen und zu einem Exerzitien- und Tagungshaus umfunktioniert. Seit 1980 beherbergte St. Paul das Noviziat der beiden deutschen Provinzen (damals noch aufgeteilt in nord- und süddeutsche Provinz) und ab 1994 wurden die Novizen aller vier deutschsprachigen Provinzen (die beiden deutschen Provinzen gemeinsam mit Österreich und der Schweiz) ausgebildet.

In den letzten Jahren wurde allerdings die personelle und finanzielle Situation immer problematischer: weniger Interessenten und Anmeldungen für Exerzitien, Kurse und Tagungen. Auch ging die Zahl der Novizen immer mehr zurück.

Auf dem Provinzkapitel der Süddeutschen Provinz im Jahre 2004 in München wurde dann im Rahmen einer Evaluation und neuen Planung vom Kapitel - nach vorheriger Rücksprache mit dem Mitbrüdern der einzelnen Ordensniederlassungen - beschlossen, dass die Niederlassung St. Paul aufgegeben werden sollte. Für die Mitbrüder vor Ort und manch einem, der viele Jahre in St. Paul gelebt und gewirkt hatte, war dies eine schmerzliche Entscheidung, die zwar als sinnvoll und notwendig angesehen wurde, aber emotional schwierig einzuholen ist.

Ende 2004 wurde dann zunächst die Bildungsstätte geschlossen und es begann die Suche nach einem Käufer und einer neuen Verwertung von St. Paul. In der Zwischenzeit hielten die Mitbrüder in St. Paul Haus und Garten in Ordnung, und es wurde auch weiterhin - wenn auch in kleinerem Umfang - das Angebot der Gesprächs- und Beichtseelsorge und der Wochen- und Sonntagsgottesdienste weitergeführt. Soweit möglich, halfen und helfen die Steyler Missionare auch noch in der näheren Umgebung in der Seelsorge aus.

"Für uns Steyler Missionare gilt hier und in aller Welt: immer wieder bereit sein aufzubrechen, loszulassen und sich neuen Herausforderungen zu stellen - auch wenn dies oft mit Schmerz verbunden ist," sagt Pater Heinz Schneider. "Wir tun dies im Vertrauen auf Gott und die Fürsprache unserer Heiligen. Und wir hoffen, dass andere hier etwas Neues und Gutes aufbauen und weiterführen können."

Tamara Häußler-Eisenmann