Steyler Missionare verkaufen das Missionshaus St. Peter in Tirschenreuth

05. Jul 2007

Tirschenreuth/ Deutschland - Nach 90 Jahren werden die Steyler Missionare das Missionshaus in Tirschenreuth verlassen. Dennoch bleiben sie Tirschenreuth treu. Die Mitbrüder werden zukünftig im Martha Heim leben und dort ihre Aufgaben wahrnehmen. Käufer des Hauses ist die Kommunale Entwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH (KEWOG) in Tirschenreuth. Im Sinne der Steyler möchten sie aus dem Haus ein pädagogisches Zentrum machen.

Im Oktober 2007 werden die Steyler Missionare in ihrem Missionshaus St. Peter in Tirschenreuth ihr 90jähriges Bestehen feiern, bevor sie das Missionshaus zum Ende des Jahres endgültig verlassen. "Es leben noch 7 Mitbrüder in St. Peter, von denen einigen in den kommenden Monaten St. Peter verlassen werden," erklärt Bernd Werle, Provinzial der deutschen Provinz der Steyler Missionare. Mit dem Verlassen des Missionshauses kehren die Steyler Missionare Tirschenreuth jedoch keinesfalls den Rücken. "Wir bleiben mit einer Kommunität von maximal fünf Mitbrüdern, die im Martha Heim wohnen werden, weiterhin am Ort. Wir möchten die Seelsorge im Krankenhaus weiterführen. Auch soll St. Peter ein Ort bleiben, wo Menschen das Sakrament der Versöhnung empfangen können und Patres zum geistlichen Gespräch zur Verfügung stehen," so Werle weiter.  

Die Kommunale Entwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH (KEWOG) übernahm das Haus am 01. Juli. "Wir werden St. Peter als pädagogische Zentrum nutzen und im Sinne der Steyler Missionare weiterführen. Wir sind uns der Verantwortung über der Entwicklung dieses historischen Gebäudes durchaus bewusst. Es ist jedoch die Zeit gekommen, das Objekt zu modernisieren und in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen.", erklärt Bernd Büsching, Geschäftsführer der KEWOG. Auch wird die Buchhandlung weiterhin im Missionshaus angesiedelt sein.

 

Lange Geschichte

Mit dem Verkauf des großen Missionsgebäudes geht eine lange Tradition zu Ende. Am 07. Oktober 1917 war mit einem festlichen Gottesdienst die erste Niederlassung der Steyler Missionare in Bayern gegründet worden: Das Missionshaus St. Peter. Die Steyler errichteten eine berufsgebundene Missionsschule als humanistisches Gymnasium. Auch externe Schüler aus Tirschenreuth konnten die Schule besuchen. Während des zweiten Weltkrieges diente das Missionshaus als Lazarett und anschließend als Kriegsversehrtenheim. Schon 1948 wurde der Schulunterricht wieder aufgenommen. Im Jahr 1969 wurde das Missionsgymnasium schließlich aufgelöst. Da es kein Vollgymnasium war, konnte es sich auf Dauer nicht halten.  

Zu den derzeitigen Aufgaben der Steyler Missionare in Tirschenreuth gehören: der pastorale Dienst in der Missionshauskirche (Gottesdienste, Beichthören, Gespräche, geistliche Begleitung), im Krankenhaus und Aushilfen in Pfarreien und anderen Einrichtungen (z. B. Altenheim); Vorträge zu Glaubens- und Lebensfragen und Aktionen zur weltkirchlichen und missionarischen Bewusstseinsbildung; Kontaktstelle zur Weltkirche (Organisation von Missionarsbesuchen aus aller Welt; Vermittlung von Missionsspenden).

"Das Missionshaus hat in den Jahren seines Bestehens weit über die Grenzen von Tirschenreuth hinausgestrahlt," sagt Pater Werle. "Ich denke es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass die Steyler Missionare in den vergangenen Jahren eine bedeutende Stelle im Leben der Stadt und der Bevölkerung Tirschenreuths eingenommen haben und dass die Menschen darauf auch großzügig und mit viel Interesse, Gebet und materieller Unterstützung von Missionsprojekten in aller Welt geantwortet haben und dies heute noch tun."

 

Bitte um Verständnis

Entsprechend kann er enttäuschte Reaktionen der Bevölkerung nachvollziehen, bittet aber um Verständnis. "Uns ist bewusst, dass diese Entscheidung nicht nur bei den Bewohnern des Missionshauses, seinen Angestellten, Freunden und Wohltätern, sondern auch der Bevölkerung von Tirschenreuth und der ganzen Umgebung Wehmut und vielleicht Enttäuschung hervorruft. Dennoch bitten wir um Verständnis für diese schwerwiegende Entscheidung und danken Ihnen für Ihr Wohlwollen."  

Nach intensiven Vorüberlegungen wurde den von dem Verkauf des Missionshauses direkt betroffenen Angestellten eine Entscheidung der Steyler Missionare in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.

 

Missionarischer Auftrag

Nach St. Arnold im Münsterland und St. Xaver in Bad Driburg - diese beiden Niederlassungen werden 2008 aufgegeben - ist St. Peter die dritte Steyler Niederlassung, die zwar durch die Aufgabe des großen Missionshauses eine Veränderung erfahren wird, um die notwendige Neupositionierung und Akzentuierung der Steyler Missionare in Deutschland realisieren zu können, wodurch aber eine Kontinuität zum Ausdruck gebracht und leichzeitig ein Neuanfang versucht werden soll.

Abstriche in ihrem weltkirchlichen, missionarischen und sozialen Engagement wollen die Steyler sicherlich nicht machen - ungeachtet aller Schwierigkeiten. "Wir gehen mutig und vertrauensvoll in die Zukunft", sagt Bernd Werle. "allerdings mit leichtem Gepäck. Wir stellen uns so auf, dass wir die Ziele unserer Ordensgemeinschaft auch mit weniger Personal und engeren finanziellen Spielräumen effektiv verwirklichen können. Dies bedeutet, dass wir Prioritäten unserer Präsenz im Missionsland Deutschland setzen müssen. Besonders am Herzen liegt uns dabei die Frage, wie wir der Ortskirche in Deutschland helfen können, auf die immer sichtbarer werdenden missionarischen Herausforderungen hierzulande zu antworten." 

Der Wandel in Kirche und Gesellschaft der vergangenen Jahrzehnte wirkte sich auch auf die Steyler Missionare in Deutschland - und damit auch in Tirschenreuth - aus und dennoch "wollen wir diese Entwicklung als Chance begreifen und uns erfolgreich den neuen Herausforderungen stellen," sagt Bernd Werle. "Dies geht nicht ohne Enttäuschungen, aber nur so können wir hoffnungsvoll in die Zukunft blicken."

Tamara Häußler-Eisenmann