Ein Blick in die weltweite Steyler Weihnachtspost

17. Dez 2009

Deutschland - Weihnachtszeit ist Briefezeit in der Steyler Missionsprokur. Beinahe täglich treffen in Sankt Augustin Karten und Rundschreiben aus aller Herren Länder ein. Kurz vor dem Christfest fassen die Missionare zusammen, wie sie das vergangene Jahr erlebt haben – und sagen Dank für die Unterstützung ihrer Arbeit. Auch im Namen all jener, die durch die Großzügigkeit von Helfern und Wohltätern aus Deutschland profitiert haben.

"Es ist für mich eine Bereicherung und Ermutigung, immer wieder auf Menschen zu treffen, die über die Nöte und Sorgen anderer Menschen nicht einfach hinwegsehen", schreibt Pater Hugo Tewes aus dem Kongo. "Manche unterstützen durch ihre Spenden obdachlose Frauen und Mütter in unserer Pfarrei, andere Kinder oder Familien, die das Schuldgeld nicht aufbringen können. Allen möchte ich hiermit wieder ganz herzlich danken."  

Viele Weihnachtsbriefe spiegeln diese Dankbarkeit der Missionare für die Hilfen aus Deutschland wieder. Pater Bernhard Müller freut sich, dass er mit Unterstützung des Deutschen Katholischen Missionsrats, des Kindermissionswerks und der Erzdiözese Köln auf der indonesischen Insel Flores einen Kindergarten, eine Schulbibliothek und eine Kirche bauen konnte. "Wobei alle Projekte an ein erhebliches Maß an Eigenleistung der Ortsbevölkerung geknüpft waren", schreibt er. Pater Hugo Scheer stellt eines seiner Projekte vor, in dem Jugendliche des Berufskollegs Olpe Gleichaltrigen in Caracica beim Aufbau einer Lehrbäckerei helfen. Pater Martin Wels bedankt sich für die großzügige Unterstützung seiner Arbeit in Ghana. "Mit Eurer Hilfe habe ich viel Not lindern und Tränen trocknen können", schreibt der 88-Jährige. "Mit Hilfe der Spenden konnte manche Familie ihre Miete bezahlen, konnte sich manches Kind Schulbücher kaufen, kam so mancher Kranke zu seinen Medikamenten."

Bruder Karl Schaarschmidt berichtet, dass er mit Hilfen aus der Heimat in Kenia ein Wasserprojekt realisieren konnte. "Jetzt können die Leute den Zapfstellen der Missionsstation kostbares und gutes Trinkwasser entnehmen - und zahlen drei Schilling für 20 Liter, während beim Wasserverkäufer dieselbe Menge 50 Schilling kosten würde." Wasser ist in Afrika noch immer ein Gut von unschätzbarem Wert - vor allem in Zeiten des Klimawandels, unter dem der schwarze Kontinent besonders leidet. "Es gibt keine geregelte Regenzeit mehr und die Bauern können nicht mehr genau feststellen, wenn sie die Aussaat auf ihre Felder bringen sollen", schreibt Schaarschmidt. "In einigen Provinzen hat es seit dem letzten November nicht mehr geregnet, die Bevölkerung und die Tiere haben sehr darunter gelitten." 

Heribert Lohrengel SVD macht in seiner Weihnachtspost auf die Menschen aufmerksam, die in den Taifunen auf den Philippinen alles verloren haben. "Viele Menschen hier haben kein Dach mehr über dem Kopf, haben keine Arbeit, leben von dem, was ihnen gegeben wird, was sie in Mülltonnen finden und was sie sich auf irgendeine Weise aneignen", schreibt er. "Die Regierung tut viel und die Kirche hilft, so weit sie kann. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass viele Menschen über Weihnachten "Herberge" in Schulen, ausgedienten Lagerhallen oder Zeltdörfern halten müssen." Thomas Ottarackal SVD erinnert an die Leprakranken, für die er in Papua Neuguinea sorgt, während sie vom übrigen Teil der Gesellschaft geächtet werden. Erzbischof Raphael Cheenath weist in seinem Weihnachtsbrief auf das Schicksal der bei den Unruhen 2007 und 2008 verfolgten Christen in Orissa hin, von denen immer noch viele in Flüchtlingscamps leben müssen.

Oft durchweben kleine Anekdoten und Alltagsbeschreibungen die Briefe. Pater Longinus Schmidt berichtet vom Strommangel in Ecuador ("Wir mussten wiederholt die Heilige Messe bei Kerzenlicht feiern"), der Indonesien-Missionar Heinrich Bollen davon, wie er im Juli seinen 80. Geburtstag "mit einer einfachen Feier am Strand" begangen hat. Pater Matthias Helms konnte nach seinem Heimaturlaub nicht direkt in seine Pfarrei im Norden Ghanas zurückkehren, weil die Zufahrtsstraße nach Saboba nach heftigen Regenfällen unter Wasser stand und er die beiden Flüsse erst nach einigen Tagen Wartezeit durchfahren konnte.  

"Brasilien ist überglücklich", stellt Pater Berthold Kretschmer in seinem Brief fest. "Unser Land ist auserwählt worden, Gastgeber der Olympiade 2016 zu sein. Bis dahin sind allerdings viele Probleme zu lösen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist es wohl, die Sicherheit zu garantieren. Ein dauernder Krieg zwischen der Polizei und der Drogenwelt fordert täglich neue Opfer." Auch der Argentinien-Missionar Bruder Martin Baader sorgt sich um die Sicherheit auf den Straßen "seines" Landes: "Vor allem Jugendliche und Drogenabhängige überfallen unschuldige Passanten und schießen wegen jeder Kleinigkeit um sich", schreibt er. "Wegen in paar Cents kann man hier in die Ewigkeit befördert werden. Ja, hier kann man noch ganz billig in den Himmel kommen." Schuld an der Situation sind in seinen Augen die politischen Verantwortlichen in Argentinien. "Unsere Regierung und ihre Partei ist eine Räuberbande", so Bruder Baader. "Noch nie wurde in Argentinien so viel gestohlen wie unter Cristina Fernández de Kirchner und ihrer Familie. Die politischen Gegner werden zu Feinden erklärt. Wer nicht denkt, wie die Regierung, wird unter Druck gesetzt."

 Pater Heinz Kulüke berichtet, wie er und seine Helfer unermüdlich gegen Kinderprostitution in den philippinischen Großstädten vorgehen. "Der Menschenhandel blüht", schreibt Pater Kulüke. "Regelmäßig ist unser Team unterwegs, um die jungen Mädchen und deren Familien zu warnen – eine nicht ungefährliche Arbeit, mit der aber viel Leid verhindert werden kann. Das so genannte "Drop-In-Zentrum" wird alljährlich von über 500 in Not geratenen Mädchen und jungen Frauen besucht. Über 400 Mädchen haben in den letzten Jahren im Reha-Zentrum gelernt, ihre tiefen Verletzungen, verursacht durch massiven Missbrauch, aufzuarbeiten. All das wäre ohne die großzügige Hilfe aus der Heimat nicht möglich."  

Pater Kulükes Weihnachtsgruß schließt mit einer Schilderung seiner abendlichen Begegnung mit dem Straßenjungen Ireneo in Cebu City, die bereits einige Jahre zurück liegt. Lange "wohnte" der Junge auf dem Gehweg in der Nähe der Abendschule, schlug sich als Müllsammler durch und träumte, einmal selbst auf die Schule zu gehen. Inzwischen lebt Ireneo teils im Straßenkinderheim der Steyler Missionare und teils bei einer befreundeten Familie. Im nächsten Jahr schließt er die Mittelschule ab, wo er zum Matrosen ausgebildet wird. "Ein Traum wird Wirklichkeit", schreibt Kulüke.  

2010 eröffnet sich für Ireneo ein neues Leben mit nie geahnten Möglichkeiten. Vielleicht ist das die Quintessenz aus der weihnachtlichen Post aus den rund 70 Ländern, in denen Steyler Missionare leben und arbeiten: Es sind kleine und große Hilfen aus Deutschland, die solche Neuanfänge möglich machen. Und für die man nicht genug "Danke" sagen kann.

Markus Frädrich