"Bundeswehr war für mich nie Thema"

14. Sep 2010

Severin Parzinger wurde 2008 von den Steyler Missionaren als "Missionar auf Zeit" (MaZ) nach Bolivien geschickt. Nach dem obligatorischen Jahr verlängerte der 21jährige um ein weiteres Jahr und kam vor wenigen Wochen nach Deutschland zurück. Was MaZ für ihn bedeutet und warum er jungen Männern trotz der von Verteidigungsminister Guttenberg vorgeschlagenen Aussetzung der Wehrpflicht zu einem MaZ-Einsatz raten würde, verrät er im Interview mit Tamara Häußler-Eisenmann.

Warum hast Du Dich statt für die Bundeswehr oder den Zivildienst für MaZ entschieden?
Ich hatte von vorne herein den Wunsch, die Zeit des Zivildienstes mit einem Auslandsjahr zu verbinden. Als ich mich dann bei einigen Trägern, die den sogenannten "Anderen Dienst im Ausland" anbieten, umgesehen hab, waren darunter auch die Steyler, die mich gleich zu einem Orientierungsseminar zum Kennenlernen des Steyler MaZ-Programms eingeladen haben. Da mir dies sehr gut gefallen hat, entschied ich mich, diesen Weg und diesen Einsatz zu machen. Bundeswehr war für mich eigentlich schon von vorne herein ausgeschlossen.

 

Wie war die Reaktion in Deinem Umfeld, als du sagtest, dass Du MaZ machen wolltest?
Soweit ich mich erinnern kann nur positiv. In meiner Familie stieß ich damit eigentlich nur auf positive Resonanz; ebenso in meinem Freundeskreis -dort oft mit der Bewunderung, ein Jahr ins Ausland, in ein Entwicklungsland, zu gehen.

 

Wie ist es mit Deinen Freunden? Kennst Du viele, die MaZ machen?
In meinem "alten" Freundeskreis, also von der Schule her, kenn ich eigentlich keinen, der MaZ gemacht hat oder macht. Doch mein mittlerweile fast größerer und auf alle Fälle besserer Freundeskreis ist durch MaZ entstanden.

 

Ist es für Dich nur eine Alternative zum Zivildienst oder zur Bundeswehr oder hast Du eine Motivation, MaZ zu machen, die darüber hinaus geht?
Meine ursprüngliche und erste Motivation war eigentlich nur, das vielleicht auch „verlorene“ Jahr des Zivildienstes mit einem Auslandsaufenthalt zu verbinden. Doch diese Motivation änderte sich schnell schon während der MaZ-Vorbereitung. So kann ich sagen, meine eigentliche Motivation, MaZ zu machen, war und ist immer noch eine andere, nämlich das, was MaZ eigentlich will: den interkulturellen Austausch, den selbstlosen Einsatz für andere Menschen in anderen Kulturen, aus der Motivation des christlich-katholischen Glaubens heraus, Gott im Mitmenschen zu dienen, eben Missionar auf Zeit zu sein.

 

Inwieweit identifizierst Du Dich mit den Zielen und Werten der Steyler Missionare, die Dich in den Einsatz schicken?
Voll und ganz! Die Ziele und Werte der Steyler Missionare, nämlich Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, wurden auch während des Einsatzes immer mehr zu meinen eigenen, wenn auch natürlich eventuell etwas abgeändert oder mit persönlichen Werten vervollständigt. Aber auch von Anfang an noch in der Vorbereitung konnte ich mich mit den Werten und Idealen der Steyler sehr gut identifizieren und diese akzeptieren.

 

Wohin wurdest Du entsendet?
Ich war von Anfang September 2008 bis Ende Mai 2010 im Tiefland Boliviens. Mein Einsatz war eigentlich auch nur für zwölf Monate geplant, doch wurde mir in meinem Einsatz schon sehr schnell - bereits nach den ersten Wochen - klar, dass ein Jahr für mich eigentlich zu wenig ist und ich meinen Einsatz verlängern will.

 

Fühltest Du Dich gut vorbereitet?
Die Vorbereitung mit den Steylern ist wirklich hervorragend und – soweit ich das aus dem Umgang und den Bekanntschaften mit MaZ und Freiwilligen anderer Ordensgemeinschaften und Organisationen beurteilen kann – mit die beste. Diese intensive Vorbereitung ist auch sehr wichtig für den Einsatz, auch wenn man für sich persönlich immer einige Punkte und Aspekte der Vorbereitung ausklammern könnte, ist sie doch auch in erster Linie ein wichtiges Stück Persönlichkeitsbildung, nicht nur im Hinblick auf einen MaZ-Einsatz hilfreich.

 

Hattest Du auch eine Art Kulturschock?
Ich habe in den fast zwei Jahren meines Einsatzes nie so etwas wie einen Kulturschock erlebt. Eigentlich eher dann, als ich wieder zurück nach Deutschland kam. Ich denke auch, das Risiko eines "Kulturschockes" hängt sehr viel mit der eigenen Einstellung zusammen, mit der man in den Einsatz geht. Je offener ich bin für das neue Land, die neue Kultur, desto unwahrscheinlicher ist der Kulturschock.

 

Als MaZ ist man ein Jahr im Ausland. Wer demnächst weder Wehr- noch Zivildienst machen möchte, kann direkt nach der Schule ein Studium oder eine Ausbildung beginnen. Ist das kein Nachteil für MaZler?
Es ist klar, dass bei einem MaZ-Einsatz eventuell Ausbildung oder Studium dann erst einmal zurückgestellt werden - vor allem wenn man verlängert. Aber dies ist meiner Meinung nach keineswegs ein Nachteil, denn der zeitliche Verlust wird durch die vielen sehr schönen neuen und einzigartigen Erfahrungen des MaZ-Einsatzes durch ein Vielfaches entschädigt. Das, denke ich, werden alle MaZ, vor allem diejenigen, die ihren Einsatz schon hinter sich haben, bestätigen.

 

Würdest Du unter dem zeitlichen Aspekt auf MaZ verzichten?
Nein. Auf diese Erfahrungen und Erlebnisse würde ich auf keinen Fall verzichten wollen, nur, um ein oder zwei Semester früher mit dem Studium oder der Ausbildung zu beginnen.

 

Wie würdest Du andere versuchen, für MaZ zu begeistern, die zweifeln, welche Art von Dienst sie leisten wollen?
Ich würde Ihnen einfach nur von meinem Einsatz erzählen. Wenn das nicht überzeugt, weiß ich es nicht!

Tamara Häußler-Eisenmann